Meine Weiblichkeit wurde abgelöst. Mein Frausein wurde nahtlos vom Mann entfernt.
Also liege ich hier in meiner Einzimmerwohnung. Die Matratze fühlt sich schwer an. Mein Rücken drückt.
Ich bin frei, habe keine gesellschaftlichen Pflichten zu erfüllen. Leer.
Grossmutter sagte, sie habe um die weibliche Freiheit gekämpft. Du mein Kind, sagte sie, hast die Freiheit in den Schoß gelegt bekommen, doch bist aufgestanden und sie fiel zu Boden, wie eine nutzlose Keramikschale.
Ich bücke mich, pflücke die Scherben vom Boden. Topfe sie zwischen die Erde, in der Hoffnung, eine Blüte würde entstehen.
Violet.
Frau zu sein; Strassenseite wechseln / Telefonate fälschen / Schlüssel zwischen den Fingern / bedeutet Angst zu atmen.
Ich inhaliere diese Angst.
*
Ich rasiere meine Körperbehaarung nur selten. Doch jede fünfte Woche gebe ich dem gesellschaftlichen Druck nach. Dann bin ich schön – zumindest durch die Augen der anderen. Durch meine löst sich jedoch die Hässlichkeit nicht. Sie verharrt in ihrem Sein. Blättert ab, wenn der Spiegel verkratzt ist.
Selbstlose Fotos schieße ich in der Clubtoilette zwischen einem Schluck Bier und dreimal stöhnen. Das Gesicht zensiert. Das Leben geblockt. Ich ziehe den Slip hoch und spüle die letzten Schnipsel meiner eigenen Weiblichkeit die Toilette herunter; was übrig bleibt ein Körper. Keine Daseinsberechtigung.
Ein Frausein zwischen leeren Versprechen und einem unbeholfenen Selbst. Grossvater versprach mir die grosse Welt; Pilotin / Ärztin / Feuerwehrfrau. Doch die Unterführung sollte ich aus meinem Lebenslauf löschen – zu gefährlich, lieber eine Station im Tram sitzen bleiben und zurück gehen.
Ich verstand nicht. Ich war mutig, abenteuerlustig. War das nicht genug?
Antwort: Frausein.
Der Text drückt gut aus, was du meinst. Ich kann ihn gut nachvollziehen, ich denke auch oft darüber nach und ich störe mich am selben Problem.
Liebe Grüsse
Knjiga