Ever a Moment, die Entscheidung 2.
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2.
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s waren kaum vier Stunden vergangen, als die Soldaten aus den Stadttoren auf die Ebene davor traten. Der Grossteil der Rebellen würde hier kämpfen. Die Bogen- und Armbrustschützen waren gemeinsam mit einigen Vampiren und Soldaten auf den Wehrmauern der Stadt stationiert. Die Durchgänge, die zum Schloss führten, waren ebenso wie die Treppen hinunter in die Stadt zusätzlich gesichert. Alle hofften, dass es nicht so weit kam, dass Saltorsh bis zur Stadt vordringen konnte. Auf der Ebene formierten sie die Soldaten. An der Front standen Silas, Jeria, Tarek und Jake zwischen den Kriegern.
Jonathan stand auf der Wehrmauer. Sein Auftrag war es, mithilfe seiner Magie zu verhindern, dass die Gegner in die Nähe der Tore kamen.
Rave stand etwa in der Mitte des Heeres unweit der Hexen. Ihm war der Blick, der Randa Jeria zuwarf nicht entgangen. Als Saltorsh’ Armee jedoch immer näherkam und die ersten Reihen nach ihren Waffen griffen, beschloss er, dass er auch später über diesen vielsagenden Blick nachdenken konnte. Jetzt galt Wichtigeres.
Hörner erhoben sich über den Reihen ihrer Truppen. Ein blökendes Sirren. Aus den gegnerischen Reihen erhoben sich ebenfalls Hörner. Jedoch mit tieferem Klang. Es ähnelte einem Donner. Immer näher kamen sich die Armeen. Die Hexen erhoben sich in die Luft. Unbeirrt schritten die Soldaten Saltorsh’ voran. Auf ein Zeichen hin blieb das ganze Heer der Rebellen stehen. Bevor die Gegner sich wundern konnten, erhob sich die Magie der Vampire aus den hinteren Reihen und sprengte in die gegnerischen Soldaten hinein. Schwarze Schwaden glitten durch die Reihen der Gegner. Wo sie Krieger berührten, flammte der Tod auf.
Als die Magie sich schliesslich zurückzog, standen die Reihen der Soldaten, die noch darauf gewartet hatten, nach ihren Waffen zu greifen, schutzlos da. Das Ganze hatte nur Sekunden gedauert. Die Rebellen gingen wieder vor und rätselhafte Schatten, drei insgesamt, traten vor die Soldaten. Wo sie Krieger einkreisten, wurden Schreie laut.
Als der Kriegsplan entstand, wagte niemand zu fragen, wie genau die Schatten kämpfen würden. Sie waren zwar existent, jedoch war diese Existenz nicht wirklich definierbar.
In alten Legenden hiess es, dass die Schatten fähig wären, jemanden seine grössten Albträume durchleben zu lassen, bis das Herz einen Stillstand erlangte.
Andere Geschichten berichteten, dass ein Blick in die Dunkelheit der Schatten zu Wahnsinn führte, damit die Betroffenen Selbstmord begingen.
Einige behaupteten sogar, dass die Schatten von der Königin selbst erschaffen wurden, um ihre Ländereien zu beschützen und diejenigen hinzurichten, die sich nicht an die Regeln hielten.
Hinter den Schatten traten nun die eigenen Soldaten vor und schoben sich neben ihre Gefährten aus den Schauermärchen. Mit einem grimmigen Lächeln stürzte sich Rave nach vorne, begierig darauf seine unruhige Energie, die sich in der Zeit des angespannten Wartens aufgestaut hatte, loszuwerden.
Seit einiger Zeit kämpfte Toro bereits Seite an Seite mit ihrem Bruder. Jake hatte sie ebenso wie Brownie bereits vor Stunden aus den Augen verloren. Über ihnen bekämpften die Hexen mithilfe der Drachen die Schlangenköpfe. Momentan waren es vier. Jedoch sandte der König alle paar Stunden neue aus, um die Hexen ein ums andere Mal aufs Korn zu nehmen. Anfangs hatten sie sich nicht viel grössere Sorgen um die Schlangenköpfe als um die Gegner am Boden gemacht, bis sie entdeckt hatten, dass man ihm wirklich sofort den Kopf abschlagen musste, um zu verhindern, dass er von den Toten auferstand.
Zu Beginn der Schlacht ging dies im allgemeinen Getümmel unter, was die Hexen teuer bezahlten.
Nicht das erste Mal fragte sich Toro, wie der König all das fertig brachte. Allein das Erstellen einer neuen Kreatur war tiefste schwarze Magie. Sie mochte sich nicht vorstellen, was es brauchte, um eine Kreatur zu entwickeln, die zu allem Übel auch noch von den Toten zurückkam.
Knapp wich Toro dem Angriff ihres Gegners aus, nur um ihm gleich darauf einen Dolch in den Hals zu werfen. Noch während sie ihre Waffe aus dem Körper der Leiche zog, wich sie einem weiteren Krieger aus, der daraufhin von Rave getötet wurde. Toro blickte sich um.
Die Aussicht war düster. Gegnerische Soldaten hatten sie vollkommen eingekreist. Einer von ihnen, ein Kommandant, grinste sie mit makellos weissen Zähnen an. Die Geschwister stellten sich Rücken an Rücken. Rave griff nach der behandschuhten Hand seiner Schwester, erwiderte das Grinsen des Kommandanten und verschwand mit ihr. Bevor die Soldaten realisierten, was geschehen war, tauchten sie hinter dem Kommandanten auf.
Das Geschwisterpaar machte kurzen Prozess mit ihm.
Der Mann sackte zusammen. Sogleich wandten sie sich den restlichen Soldaten zu, welche noch immer ihren Kommandanten anstarrten.
∞
Sarah und Jenna halfen den Sirenen. Sie sorgten dafür, dass alles nach ihren Wünschen geschah und neu ankommende Verletzte sofort zum Fluss gebracht wurden. Dort waren die Sirenen emsig bei der Arbeit.
Als Jenna als kleines Mädchen erfahren hatte, über welche Kräfte die Sirenen verfügten, hatte sie es für einen schlechten Witz gehalten. Zu ihrer Verteidigung musste jedoch gesagt werden:
Wie merkwürdig ist es bitte, dass Kreaturen, die ihre Opfer mit Gesang in den Tod ziehen konnten, um sie nachher zu fressen, über so mächtige Heilmagie verfügten? Da möchte einer die Gedanken der Götter nachvollziehen können.
Nun mit 513 Jahren, hatte die Rebellin schon lange aufgehört, sich über solche Dinge zu wundern. Manchmal lohnte sich die Anstrengung einfach nicht.
Während sie den Verband eines Soldaten wechselte, der eher leichtere Verletzungen erlitten hatte, blieb ihre Seele bei ihrem Bruder, der ausserhalb der Stadt nicht nur um sein eigenes, sondern um das Leben vieler kämpfte.
Seite an Seite mit eben jenen Kreaturen, bei denen sich die Götter so richtig ausgelebt zu haben schienen.
Sarah hob den Kopf, als Rufe laut wurden:
«Macht Platz für den Verletzten! Macht Platz für den Verletzten!»
Gleich darauf erschienen sie. Zwei ihrer Soldaten, die einen der Hunde trugen. Die Zunge hing ihm aus dem Maul, das Moos in seinem Fell war blutgetränkt. Beim Versuch ihn entzweizuschneiden, war der Gegner abgerutscht und hatte tief in den Schwanz des Hundes geschnitten. Auch die Hinterbeine wurden dabei verletzt.
Sofort sprang die Seherin auf und wies ihm einen Platz bei den Heilerinnen zu. Kaum wurde der Hund zu Boden gelegt, beugte sich eine Sirene über ihn.
Die Soldaten wollten gehen, als Sarah ihnen zurief: «Wartet!»
Fragend blickten sie sie an.
«Lasst mich Eure Wunde verbinden. Sonst entzündet sie sich», meinte sie und zeigte auf das Handgelenk des Jüngeren. Dieser trug keine komplette Rüstung. Die beiden Männer blickten sich gegenseitig an, dann die Frau, die auf sie zugeeilt kam. Bevor sie es sich überlegen konnten, hatte Sarah die Hand des Kriegers genommen. Flink säuberte sie die kleine Schnittwunde mit einem sterilisierten Tuch, bevor sie sie verband.
Der Blick des Mannes fiel dabei auf die Narben, die ihre Hand und das Handgelenk verunstalteten.
Sarah zog den Verband noch einmal glatt, dann befestigte sie sein Ende. Als sie den Kopf hob, fiel ihr auf, dass der zweite Soldat sie beobachtete. Man sah den Männern an, dass sie nicht sicher waren, was sie von ihr halten sollten. Derjenige mit der Wunde lächelte sie vorsichtig an.
«Danke.»
Sarah neigte den Kopf. Dann machten die Soldaten kehrt und verschwanden im Getümmel, während die Seherin sich dem Nächsten zuwandte.
Eiligen Schrittes liefen die beiden Soldaten schweigend durch die Strassen der Stadt, bis der Ältere sagte: «Die Frau war eine Seherin.»
Der Blick seines Kampfgefährten schoss zu ihm hinüber.
«Woher weisst du das?»
«Ihre Augen. Sie waren von vollkommenem Silber. Meine Frau war ebenfalls eine Seherin. Sie hatte die gleichen Augen wie sie.
Und als die Frau dich anschaute, hatte sie diesen Seherinnenblick drauf. Anders kann ich es nicht beschreiben.
Aber sie hat dir auf jeden Fall das Leben gerettet.»
Einen Moment lag nachdenkliches Schweigen über den Kameraden. Bis der Jüngere leise sagte: «Ein weiterer Grund in diesem Krieg nicht zu sterben. Das mit deiner Frau tut mir leid.»
Er nickte dankbar, erwiderte jedoch:
«Sie war schon alt. Seherinnen der Magier und der Menschen werden höchstens zweihundert Jahre alt.»
Den Rest des Rückwegs absolvierten sie schweigend.
Ich finde das Kapitel sehr spannend. Du könntest aber rein theoretisch die Emotionen der Figuren beschreiben, damit man ihre Handlungen besser versteht. Du könntest auch noch die Gerüche beschreiben, das hilft oft, um sich etwas vorzustellen.
Das sind natürlich nur Ideen.
Liebe Grüsse Knjiga