The albatross - Schwestern des Todes / Teil 2

Cover
Mink?E
Veröffentlicht: 12.05.2024 13:45
Aktualisiert: 28.08.2024 19:21
Bewertung:
Deine Stimme wird abgegeben.
Bewertung: 4.7 von 5. 3 Stimme(n).
Klicke auf die Sterne, um den Text zu bewerten.
Kurzbeschrieb:
Lana glaubt nicht an Dämonen, doch die Begegnung die sie eines Nachts macht, verändert alles. Ist sie die nächste die stirbt?

Text

'She's the death you chose / You're in terrible danger'

the albatross, "Taylor Swift" 

Botschaft der Legende der Schwestern des Todes

Wenn du eine Trottelulme siehst, renn!

Wenn du einen Albatross siehst, bist du so gut wie tod.

***

Kapitel 4

Sie ist wie aus einem Schwarz-weiß Foto entsprungen. Und selbst dafür ist sie ziemlich blass. Ihre Haut scheint Porzellan gleich und ihre Haare leuchten in einem seichten Grau. Ihre Lippen und Augen sind ebenfalls gräulich und scheinen ausdruckslos. Sie trägt nur ein großes weites ebenso weißes Hemd, welches ihr bis zu den Knien geht und ist sonst unbekleidet. Wenn ich nicht wüsste das sie eine Dämonin ist, würde ich denken, sie ist ein Geist.

Vor mir steht die zweite Schwester. Vor mir steht der Albatross. In der Gestalt einer jungen Frau. Sie steht am Ende der Absenkung und krallt ihre blassen Finger krampfhaft um einen kleinen säuberlich gearbeiteten Dolch. Die silberne Klinge glänzt rötlich. Sie ist mit Blut verschmiert. Marcels Blut. 
Es ist gruselig und ekelerregend. Aber schon einzig und alleine ihre Anwesenheit erstickt meinen angsterfüllten Schrei im Kern. Eine unnatürliche Stille hat sich über die Dünen gelegt. Der Wind pfeift nicht mehr. Die Wellen brechen vollkommen lautlos. Kein Auto scheint die Küstenstraße mehr entlang zu fahren. 
Die Dämonin steht nur da und mustert mich. Und ich knie nur im Sand und glotze sie an. Ja, glotze. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergeht und ziehe sogar in Betracht das sie stehen geblieben ist. 

Irgendwann merke ich, dass meine Angst und Anwiderung langsam nachlässt und einer respektvollen Faszination für dieses Wesen weicht. Ist sie ... magisch? Übernatürlich? Böse? Gut? Böse. Sie bringt schließlich Leute um. Aber es fühlt sich nicht so an. Sie fühlt sich ... anders an. Aber nicht böse. Nur anders und neu. 
Plötzlich fällt diese seltsame Stille von ihr ab. Sie fällt von allem ab. Der Wind pfeift wieder und lässt das Dünengras rascheln. Die Frau spannt sich unmerklich an. Ihre Finger drücken sich noch fester in den hölzernen Griff des Dolches als zuvor und verursachen ein dumpfes Knirschen. Sie schiebt ihren Kopf leicht nach vorne und stößt ein heiseres Fauchen aus. Dann wiederholt sie es. Sie will etwas von mir. Aber was? Meine Stimme ist wieder da. "Ich ... Ich verstehe nicht" Ich höre mich zittrig an
. Die Dämonin öffnet kurz den Mund und es scheint so als wollte sie etwas erwidern aber dann schließt sie ihn einfach wieder. So, als würde sie etwas tun wollen, was sie aber nicht kann. Sie schüttelt resigniert den Kopf, was ich fast nicht glauben kann, da das eine ziemlich menschliche Geste ist.

Auf einmal ist da etwas in meinem Kopf. Ein hauchzartes und zerbrechliches Wispern  

Du hast den Kreislauf gestört.

Du hast den Lauf der Dinge verändert.  
Mach es nicht noch schlimmer.

Geh!

Redet der Albatross mit mir? Ist sie das? Ist das ihre Art zu kommunizieren?

Geh! Geh! Geh! ,schreit mein ganzer Körper. Meine natürlichen Instinkte sind zurück und schlagen Alarm. Tausend Alarmglocken schrillen in mir. Mein Körper geht fast schon selbständig rückwärts und rennt schließlich aus der Kuhle. Doch dahinter zwinge ich mich anzuhalten. Ich kann und will das Gefühl von vorhin nicht vergessen. Als alles lahmgelegt schien. Es hat sich so angefühlt als hätte ich sie nur da richtig sehen können, ohne irgendwelche Vorurteile und innere Alarmglocken. Sie war nicht böse ,sage ich mir selbst. Aber mein Herz pocht immer noch so schnell und laut wie nie zuvor.

***

Kapitel 5
Ich liege im kalten Sand. Verborgen hinter einem lichten Büschel Dünengras. Ich will noch einen Blick auf sie werfen. Der Mond und der tintenschwarze Himmel bilden zusammen mit der geisterhaften Schönheit des Albatross' ein atemberaubendes Bild. Die Dämonin entfernt sich von der blutigen Szenerie und läuft leichtfüßig zum Kamm der Dünen. Sie stößt ein schrilles Kreischen aus, so, wie man es von einem Seevogel kennt. Dann ... springt sie. Sie springt von der Düne. Jeder normale Mensch würde den Abhang hinunter purzeln und komplett versandet unten ankommen, aber sie nicht. In der Millisekunde, in der sie während des Sprungs schwebt, verwandelt sie sich. Der Vogel, mit der größten Flügelspannweite der Welt, segelt elegant in die Dunkelheit der Nacht hinein. 

***

Ich gehe einfach nach Hause. Ich lasse ihn tatsächlich zurück. Ich laufe durch meine Straße, die meisten Häuser sind schon dunkel, nur in einem brennt noch Licht. 
Als ich bei meinem Haus angekommen bin, blicke ich noch einmal zurück. Am Horizont, über den Dünen, kreist eine einsame Möwe. Das muss die dritte Schwester sein. Sie übergibt Marcels Seele dem Wind. "Lebe wohl" murmele ich und gehe rein. Erst in meinem Zimmer fällt mir auf, dass man Parka immer noch in den Dünen liegt.

Kapitel 6

"Sie hat was damit zutun! Ganz sicher!" Ich habe niemanden etwas davon erzählt. Aber ich hätte es tun sollen, vielleicht wäre meine Lagen dann nicht ganz so misslich. Auch wenn niemand etwas gegen die Schwestern des Todes ausrichten kann. 
Ich bin auf der Polizeiwache. Wegen Meilin, die auch in der Rolle der hysterischen Freundin perfekt ist. Heute Morgen hat man Marcels mit Blut durchtränktes T-Shirt und meinen Parka in den Dünen gefunden. Und als wäre das nicht schon Beweis genug, hat Miss Perfect natürlich bis spät in die Nacht gelernt und mich aus den Dünen kommen sehen. 
"Du hast ihn umgebracht, weil du eifersüchtig warst" zischt Meilin gefährlich, zwei Beamte
  müssen sie festhalten damit sie nicht auf mich losgeht "Ich habe doch deine Blicke gesehen, die du uns zu geworfen hast. Du wolltest mir eins auswischen, du kranke Psychopathin!" Oh. Äh, danke für das Kompliment. "Was haben sie zu diesen Anschuldigungen zu sagen, Miss?" fragt der Officer. "Ich...." Egal was ich jetzt tue, es wird es nicht besser machen. Die Wahrheit wird wie eine Lüge klingen, eine richtige Lüge aber auch. Also schüttele ich bloß den Kopf und schweige.

***

Alle glauben, das ich Marcel getötet habe. Ich habe die Aussage verweigert und das erklärt mich in ihren Köpfen endgültig für schuldig. Doch die Beweislage reicht nicht aus um mich in den Jugendknast zu stecken und deswegen bin ich mit unmenschlich vielen Sozialstunden und einer Psychotherapeutin davon gekommen. 
Meine Eltern sind schwer enttäuscht von mir, das weiß ich. Sie sind so enttäuscht, dass sie nicht  versucht mich zu verteidigen und jetzt schweigen sie einfach. Sie scheinen komplett dicht gemacht zu haben. Sind die eigenen Eltern nicht eigentlich diejenigen, die immer zu einem halten, auch wenn man des Mordes verdächtigt wird? Wir stehen ein bisschen ratlos vor der Polizeiwache. "Tja" sage ich und breche wieder ab. Was soll ich bloß sagen? "Ich denke..., wir sollten äh nach Hause gehen?" Mein Vater seufzt nur und schüttelt resigniert den Kopf, aber fängt dann an, zu seinem Wagen zu laufen. 
Zuhause bekomme ich bis auf weiteres Hausarrest. Und Handyverbot. Das sie aber schließlich für eine kurze Zeit aufheben, nachdem Eya zum zwanzigsten Mal versucht hat anzurufen. Ich habe eine halbe Stunde zum Telefonieren. Ein bisschen ängstlich drücke ich auf den Rückruf-Button ohne darüber nachzudenken, was ich ihr sagen will.

Sie geht beim ersten Klingeln ran: "Es war der Albatross oder?!" Keine Begrüßung, kein 'Wie geht es dir?' o-okay.

"Wenn du so fragst, ja" Bevor ich mich besinnen kann, habe ich ihr alles erzählt. Und sie glaubt mir! Ich schwöre, ich werde nie wieder etwas Gemeines über Aberglaube sagen.

"Oh mein Gott du musst unglaubliche Angst gehabt haben" sagt sie. Das ist alles.
"Naja, ehrlich gesagt nicht"

Stille. 

"Eya?"

"Lana?"

"Ja?"

"Das ist kein gutes Zeichen"

Was ist jetzt schon wieder los?  
"Wir haben ein Problem" ,sagt sie sehr langsam. Ihre Stimme schwangt gefährlich "Wer den Albatross sieht, ist so gut wie tod. Du wirst als Nächste sterben"

Und wenn ich keine Angst hatte, ist das ein schlechtes Zeichen. Dann ist es wie bei Marcel.

***

Kapitel 7

"Du bist die beste Freundin die ich je hatte!" Solche Sachen sagt sie mir jetzt schon die ganze Zeit. 
"Eya, ich werde nicht sterben!" Das hoffe ich zumindest. War dieser seltsame Moment zwischen mir und dem Dämon nur eine Show, damit ich Sympathien für ihn entwickle?

"Doch" sie schluchzt. 
"Beruhig dich, Eya. Ich passe schon auf mich auf" 

Nach einer halben Stunde zwingen meine Eltern mich, aufzulegen und nehmen mir das Handy wieder weg. Ich bin allein. Mit dem Gedanken, dass ich bald vielleicht nicht mehr auf dieser Welt sein werde.

***

Der Schultag ist die Hölle. Alle haben Angst vor mir und sind gleichzeitig wütend. Hinter meinem Rücken werde ich nur noch 'die kranke Psychopathin' genannt. Nur Eya hält zu mir und weicht nicht von meiner Seite. Sie hat es gut gemeint und den anderen die Wahrheit erzählt aber das hat nur dazu geführt das sie jetzt 'die verrückte Verschwörungstheoretikerin' ist. 
Als ich in die Pause gehen will, stellt sich mir ein bulliger Junge in den Weg. "Warum hast du ihn getötet?" 
"Wer bist du?" Ich weiß wer er ist, er war Marcels bester Freund und sein Name ist Connar. Wir haben uns nie getroffen oder so, aber wenn man verliebt ist weiß man solche Sachen. 
"Das geht dich gar nichts an und jetzt sag schon!" Er versperrt mir immer noch den Weg. Ziemlich mutig, schließlich bin ich ja eine Psychopathin.

"Tja und meine Hintergründe gehen dich auch gar nichts an, Connar"

Angst blüht in seinen Augen auf. Er weiß, das ich seinen Namen nicht kennen kann.

"Woher weißt du meinen Namen?" Irgendwie stachelt mich die Panik in seiner Stimme an.

"Psychopathische Mörder kennen die Namen ihrer möglichen Opfer" Ich dränge mich gelangweilt an ihm vorbei und lasse ihn stehen. Ich weiß, ich weiß, ich hätte es nicht sagen sollen, aber ich konnte es mir einfach nicht verkneifen. 

Die Rache kommt am Abend, denn jetzt meinen manche Leute das wäre ein Geständnis gewesen. Und leider haben diese Personen Facebook. 
Unzufrieden gehe ich schon um sieben Uhr Abends ins Bett und schlafe ein. Eingekuschelt in meine Bettdecke, sicher in meinen eigenen vier Wänden. Doch hier sollte ich nicht wieder aufwachen...

Lies auch Teil 3:

https://www.schreibdichfrei.net/texte/text/4338/?tx_schreibdichfrei_pi3%5Btx_sdf_categories_uid%5D=2

 

 

Kommentare

Profilbild
Am 30.05.2024, Mink?E
Danke für deinen netten Kommentar:)
Profilbild
Am 23.05.2024, Knjiga
Sehr spannende Geschichte! Ich freue mich auf die Fortsetzung!