Wenn wir uns sehen ... 1

Alices' Sicht 

Es ist ein viel zu schöner Tag, um ihn in einem künstlich beleuchteten Partyraum im Keller zu verbringen.

Leider war ich die einzige, die für eine Outdoorparty gestimmt hat.

Vielleicht, weil Wes mit seinen superreichen Eltern und dem privaten Luxus-Keller und der Discokugel angeben wollte.

Oder weil die Nachos einfach der Hit sind.

Ich muss das wissen, schliesslich verbringe ich jede Party neben der Nachoschüssel, die immer entweder hellblau, knallgelb oder erbeerrosa ist.

Eigentlich komme ich nur hierhin, weil meine beste Freundin Dahlia mich hinschleppt.

Sie hintergeht ständig irgendwen und braucht mich, um ein paar Nerds abzuschieben, mit denen sie nicht reden will, oder wenn ein Typ sie "nach Hause fahren will."

Ja, ganz sicher.

Wir latschen durch die viertausen Meilen lange Auffahrt, die umgeben von irgendwelchen auf den Zentimeter zugeschnittenen, viereckigen Büschen umgeben ist.

Dahlia kontrolliert ihre Eye Wings noch mal in einem silbernen Taschenspiegel. Die Anleitung dazu hat sie von Pinterest oder Youtube, ich hab's ehrlich gesagt schon wieder vergessen.

Wir folgen den golden glänzenden Pfeilen, die irgendwer (wahrscheinlich Wes' Mom) sorgfältig in die perfekten Büsche gesteckt hat.

"Hoffentlich freut Wes sich über den Eistee", bemerkt Dahlia und deutet auf die Tüte mit dem mittlerweile lauwarmen Fertigeistee, der Aktion gewesen war und den wir genommen hatten, weil wir zu spät dran waren und ausserdem noch kein Geschenk hatten. Sie ist ein wenig sauer, weil sie lieber Wein mitgebracht hätte, aber leider hatte sie all ihr Geld für neue High-Heels ausgegeben und ich meins zu Hause vergessen.

"Wird er sich sowieso nicht. Seine Familie trinkt sicher Eistee für mehr Geld als der durchschnittliche Monatslohn ist", kommentiere ich.

Ihre Augen funkeln böse, aber sie erwidert nichts, sondern zieht ihr Smartphone hervor, um zu gucken, ob ihr inoffizieller Freund schon geschrieben hat.

Sofort hellt sich ihr Gesicht auf und sie lächelt breit. 

"Wer hat geschrieben?", will ich wissen.

"Verrate ich dir nicht. Aber dir werden die Augen aus dem Kopf fallen."

Nach dem wir die Einfahrt gemeisterint haben, kommen wir direkt in den Raum und Dahlia steuert auf einen Surferboy an, der lässig an der Wand lenkt.

Wie immer halte ich Ausschau nach dem Büffet und gelange bald zur Nachoschale, die heute knallgelb ist.

Mit einer Hand angle ich mir eine Handvoll Nachos, mit der anderen zupfe ich mein überdimesionales, blauschwarzes Batikshirt zurecht.

Nicht alle Mädchen stehen auf glitzernde Miniröcke.

Kichernd kommt Dahlia auf mich zu, ihre Wangen rosa, wie immer, wenn sie flirtet.

Ihrem leicht wankenden Gang nach hat sie schon was getrunken.

Niemand betrinkt sich schneller als sie.

"Guck mal, wenn ich für dich da habe, Lice!", ruft sie aufgeregt und zieht eine Person neben sich.

Und mir fallen tatsächlich fast die Augen aus dem Kopf.