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Die Stadt des ewigen Lichts

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Nebula
Veröffentlicht: 04.10.2022 16:54
Aktualisiert: 05.10.2022 19:08
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Kurzbeschrieb:
Viele dieser Sachen, die ich in diesem Text beschreibe, sind mir wirklich passiert… Wer weiss, um welche Stadt es sich handelt?

Text

Die Stadt des ewigen Lichts

 

Applaus. Er schwillt an, wird immer lauter, so wie wir es in der Schule anhand von Graphen darstellen mussten. Menschen jubeln, stehen auf und werden schliesslich zu einer riesigen Menge von freudig strahlenden Gesichtern. Das Musical war gut. Sehr gut sogar. So gut, wie es sie in Bern nur selten gibt…

 

Langsam geht die Menge auseinander, einige sind schon längst losgelaufen, andere stehen noch wie verzaubert da. Schliesslich laufen aber alle los, mühsam, mit schmerzenden Gliedern von den engen Sitzen. Halb laufend, halb stolpernd gehe auch ich hinaus, hinaus aus dem Saal in die… dunkle Nacht?

 

Da es schon eine Stunde ist, die viele als „unchristlich“ bezeichnen würden, habe ich einen klaren Sternenhimmel erwartet, der von einzelnen kleinen Lichtchen der Stadt durchleuchtet wird. Das, was vor mir zu sehen ist, will aber so garnicht zu dieser Beschreibung passen:

 

Es ist so hell, wie auch tagsüber, vielleicht sogar noch heller und anstatt der frischen Abendluft, die ich aus so vielen anderen Städten kenne, ist hier der Duft von Marihuana und Fast Food, aus einem der vielen Hotdog-Stände, zu riechen.

Auch die Strassen sind nicht friedlich und verlassen, wie ich es von anderen Orten gewohnt bin… Nein! Sie sind sogar noch bevölkerter als am Tag!  Überall sind Menschen, grosse, kleine, dicke, dünne, junge, alte Menschen. Von zwielichtigen Gestalten mit zweifelhafter Verkleidung bis zu übermotivierten Touristen, die alles mögliche fotografierten und dabei grinsen wie ein Honigkuchenpferd, ist hier alles zu finden…

Ja, die „seventh Avenue“, wie diese Strasse höchst kreativ benannt wurde (diese Zahlen scheinen hier wirklich ein Hit zu sein), ist so lebendig wie ein Ameisenhaufen.

 

Mal abgesehen von der Menschenmenge, die fast zu überquollen scheint, liegt das vorallem auch an der Werbung, die ungefähr auf jedem Wolkenkratzer abgebildet ist.

Modefirmen, Bänke, Superangebote… alle haben hier ihren Platz und werden gemeinsam zu einem Ganzen- zu einem Haufen flimmernder Riesenmonitore, die die verschiedenste Reklame in einer Endlosschleife auflisten… Was ich bis jetzt nur aus Filmen kenne, wird zur Wahrheit:

Wolkenkratzer, die aus Werbung zu bestehen scheinen.

 

Weiter geht’s also, immer noch staunend über die riesigen Gebäude und versinkend zwischen all den verschiedenen Persönlichkeiten…

Langsam wird es aber ziemlich ungemütlich und die erste Bewunderung ist vorbei. Das Flimmern blendet meine Augen, die Menschen zerquetschen mich und aus den vielen „Smoke Shops“ und anderen dubiösen Begebenheiten ragt stinkender Rauch empor, wovon ich gar nicht wissen weil, von was er stammt…

 

Ich huste, versuche nicht einzuatmen, doch meine Lungen füllen sich schon, mit Marihuana und all dem anderen namenlosen Schmutz. Plötzlich ist mir sehr nach Kotzen zumute… Machtlos bleibe ich stehen, werde von grinsenden Touristen und eilenden Bürgern verschluckt und als schlussendliche Krönung steigt mir der Geruch von verbrannten Würstchen in die Nase…

Doch da! Die Rettung! Genau vor mir steht der Eingang zu einer Metrostation! Ich unterdrücke einen Hustanfall und bahne mir einen Weg durch die verrückte Versammlung.

 

Währenddessen mir auf der Strasse der kalte Meereswind durch die Haare bläst, verbreitet der Metroeingang eine angenehme Wärme. Einladend wirkt er aber trotzdem nicht ganz:

Ich sehe unten eine Ratte umherhuschen, es steigt ein kanalisationsähnlicher Duft zu mir hinauf und an der Wand hängt ein Schild mit der Aufschrift „Gun Free Zone“. Beruhigend. Aber es ist dies oder ein jahrelanger „Augen-Tinnitus“, was auch nicht gerade super wäre… Also hole ich tief Luft und laufe hinein, in die Höhle des Metros.

 

Unten ist es heiss und stickig und der Duft von Schmutz liegt immer noch in der Luft… Aber zum Glück ist es etwas ruhiger und von Menschen, die Ähnlichkeit mit der Grinsekatze aufweisen, ist auch nichts zu entdecken. Dies scheint eher das Territorium des Volks zu sein, welches weiss wie… gemütlich die Strassen dieser Stadt abends sind…

„Ja, gemütlich passt! Die Wolkenkratzer sind ja auch nur idyllische Hütten…!“, versuche ich mich selbst etwas aufzuheitern und abzulenken vom strengen Geruch. Und ohne Vorwarnung pruste ich los- aber nicht wegen meines ironischen Humors…

Der Metro fährt gerade in die Haltestelle ein und weist solch eine unerwartete Ähnlichkeit mit einem Zug, der den lieblichen Namen „Dinkie“ bekommen hat, auf, dass es schon lachhaft ist.

 

Als ich diesen Dinkie zum ersten Mal traf, erging es mir ähnlich…

Es war ein Hundewetter, der Regen prasselte auf die Welt herunter, als wollte er nie mehr damit aufhören, meine Hände waren schon klamm und ich wartete ungeduldig auf den Zug, der mich zur Wärme bringen würde. Gerade als ich überlegte, woher dieser komische Name „Dinkie“ eigentlich stammte, da hörte ich es: „Pweeeep!“, machte sich der Dinkie mit einem Geräusch bemerkbar, das nach einer Mischung aus einem verzweifelten Hilferuf eines alten Mannes und aus dem Geräusch, welches ein Schiff macht, um seine Anfahrt anzukündigen, zu klingen schien. „Pweeeep! PWEEEEP!“

Ich fuhr herum und da war er. Mein Zug.

 

Mit einem Tempo, welches sogar die Entwerfer rumänischer Züge kritisch beäugt hätten und neben dem alle Schnecken der Welt verblassten, fuhr er auf die Haltestelle zu. Dies war aber nur eine der Sachen, die mich so kichern liessen… Fast noch witziger war, dass dieser Zug wie ein Gefängnis auf Rädern aussah:

Gemacht war er aus Metall, aber aus einem dreckigen, die Fenster waren klein und so schmutzig, dass auch diese kleinen Glasflächen völlig nutzlos schienen (es hätte mich nicht gewundert, wenn sie auch noch ein Gitter geziert hätte), die Sitze waren mit braunem Leder überzogen und gaben dem ganzen Rammelkasten noch einen letzten „The-Final-Cut-Touch“.

Ja, so lachte ich damals, wie ich auch jetzt kichere, weil vor mir die etwas schnellere Version dieses Fahrzeugs steht…

 

Noch immer überraschte Blicke erntend, steige ich in die Metallkiste ein und freue mich auf das Hotelzimmer, ganz frei von Marihuana, Ratten und dem Geruch von verbranntem Fast Food… Ich muss würgen. Schon der Gedanke daran, macht mich kotzübel.

„Heute Abend esse ich wohl nichts mehr…!“, denke ich mir noch und konzentriere mich nachher nur noch auf die Fahrt, um ja nicht an der falschen Stelle auszusteigen.

 

 

 

 

 

 

Kommentare

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Am 06.10.2022, Nebula
Danke! Und ja, das könnte es sogar sehr gut sein… (-;
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Am 06.10.2022, Fireheart
Könnte es New York oder so sein?
Richtig gut und packend beschrieben! Bravo!