Ever a Moment, Wahrheit 6.

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Fireheart
Veröffentlicht: 10.08.2022 13:03
Aktualisiert: 10.08.2022 13:03
Kategorie: Fantasy
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Text

6.

S

am setzte sich wieder hin und arbeitete an einem zusätzlichen Stück Fleisch für Chase. Chase lehnte sich an einen Baum und verschränkte die Arme. Nach einer Weile fragte er schliesslich: «Willst du mich nicht ins Kreuzverhör nehmen?» Sam blickte von seiner Arbeit auf und erwiderte: «Ich dachte du wolltest zuerst mich befragen.» Ein leichtes Nicken bekam er als Antwort. «Hast du es ihr gesagt?» Eine simple Frage, mit der Chase Sams volle Aufmerksamkeit kriegte. «Was soll ich ihr gesagt haben?» Chase schnaubte. «Jeder Blinde könnte sehen, das du wie ein Teenager in sie verschossen bist.» Sam zog skeptisch die Brauen hoch. «Nein?» «War das eine Frage?» «Ja.» Chase stiess ein Lachen aus. «Keine Angst, sie merkt solche Dinge nie.» Ein Vogel kreischte. Chase hob den Kopf und folgte dem Falken mit dem Blick. Schliesslich meinte er: «Es ist nicht nett zu lauschen.» Ein weiteres Krächzen ertönte zur Antwort, dann war der Falke aus ihrer Hörweite verschwunden. Kopfschüttelnd wandte Chase sich wieder Sam zu. «Wart ihr mal zusammen?», rutschte es Sam heraus. Chase blickte ihm in die Augen. Dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte schallend los. Irritiert verschränkte Sam die Arme: «Was?» Chase’ Grinsen lachte ihn regelrecht aus. «Deine Frage! Clare würde mich nie nehmen!» Ehrlich interessiert fragte Sam nach dem Grund. Da wurde Chase wieder ernst. «Hör mal, Junge. Es gibt Dinge, die solltest due von Clare persönlich erfahren. Und nicht vom Freund ihrer Cousine.» Sam gab sich damit zufrieden. Er wusste, dass Chase ihm mit der Schlussinformation einen Knochen hingeworfen hatte. Chase fragte: «Was machst du und wo bist du aufgewachsen?» «Ich wuchs als Bastard in den Strassen Sylrei auf. Eine Zeitlang kümmerte sich eine alte Frau um mich. Als sie schliesslich starb, war ich sieben. Mit zehn packte ich meine Sachen und begann umherzuwandern. Mit zwölf fiel ich einem alten Assassinen auf. Er nahm mich unter seine Fittiche.» Chase legte den Kopf schräg, als Sam verstummte. Schliesslich fuhr er fort: «Er war ein Sadist. Für seine Trainingsmethoden habe ich ihn gehasst. Für das Dach über dem Kopf und das Essen auf dem Teller habe ich ihn geliebt. Als er umgebracht wurde, revanchierte ich mich dafür bei seinen Mördern und ging danach nach Etraj.» Kaum hatte er geendet ertönte ein lautes Lachen. Rauh und Heiser, doch es wärmte Sam das Herz. Bald darauf erschien Clare mit Neron. Sam erstarrte, als er ein Kaninchen in Nerons Klauen sah. Strahlend lief Clare auf sie zu. «Neron jagte wie immer den Kaninchen nach, doch als er diesmal wieder zurückkam hatte er dieses tote Kaninchen in den Klauen!» Vor Aufregung waren Clares Wangen gerötet. Chase legte den Kopf schief. «Was sagt dir, dass es nicht bereits vorher tot war?» Clare lächelte. «Ich kann es riechen.» Sam fragte sich bei dieser Antwort unwillkürlich, was sie sonst noch alles riechen konnte. «Ich hätte nicht gedacht, dass er so schnell wachsen würde», redete Clare weiter. «Vor einem halben Jahr war er noch ein kleines Baby!» Chase lachte, als Clare versuchte mit ihren Händen die Grösse anzugeben. «Ich glaube ja kaum, dass er damals nicht grösser als eine Hauskatze war.» Die Söldnerin wurde rot. Sam beugte sich zu Neron herunter und wollte ihm das Karnickel wegnehmen. Neron knurrte, so dass sein ganzer Körper bebte. Chase legte Sam eine Hand auf die Schulter. «Er soll seine erste Beute für sich alleine haben.» Clare stimmte dem Captain zu. So genossen die Magier und die Gestaltwandlerin die gebratene Gämse, während der Teufelstiger seine erste Beute verzehrte.

Am Abend übernahmen Chase und Clare die erste Wache. Sam und Neron schliefen nahe der Baumgrenze. Clare sass in Katzengestalt in einer Astgabel und döste vor sich hin. Der flauschige Schwanz hing entspannt hinab und schwang hin und her. «Wissen sie es?», fragte Chase auf einmal. Clare blickte zu ihm hinüber, verwandelte sich und richtete sich auf. «Was wissen sie?» Das schwarze Haar hing ihr in die Stirn. Chase schnaubte. «Ob sie wissen, dass du eine Creamil bist.» Clares Augen weiteten sich. «Aber der König! Wie kann es sein, dass du es weisst?» Chase zuckte mit den Schultern. Ich weiss es nicht. Anfangs wusste auch ich es nicht mehr, doch nach meiner Rettung war alles wieder da.» Clare legte den Kopf schief. «Wer hat dich denn gerettet? Ich dachte die ganze Zeit, dass ich auch dich verloren hatte!» Bei diesen Worten glitzerten ihre Augen gefährlich. Chase ging zu ihr und legte ihr eine Hand aufs Bein. «Egal ob ich tot, am anderen Ende der Welt oder in einem Kampf bin. Ich werde immer bei dir sein.» Eine Träne kullerte Clare über die Wange. Sie nahm Chase’ Hand  und drückte sie. Schliesslich meinte sie: «Tu mir den Gefallen und sag nichts zu Sam. Ich will nicht dass er es von jemand anderem erfährt.» Chase blickte ihr in die Augen. Etwas urtümliches lag darin. Eine Loyalität, die Berge versetzten könnte. «Aber natürlich, Creamil.» Clare lächelte.

Später wurden sie von Sam und Neron abgelöst. Clare strich Neron übers Fell, als er ihren Posten übernahm. Der schleckte ihr seinerseits über die Hand. Clare musste lächeln. Chase sah vom Feuer aus zu. Clare hatte ihm gesagt, dass er Sam nichts sagen sollte. Doch sie hatte nicht gesagt, dass er keine Andeutungen machen durfte. Noch drei Wochen. Dann würden sie dort sein.

Sam sass in einiger Entfernung neben Neron. Mitten in der Nacht war er aufgewacht. Als er die Augen geöffnet hatte, hatte er Chase und Clare gesehen. Sie hatten sich angesehen, Chase hatte etwas gesagt und war dann zurück zu seinem Posten gegangen. Sam hatte sich schlafend gestellt. Doch Chase’ Worte verfolgten ihn auch jetzt noch. Aber natürlich, Creamil. Also wusste der Krieger, dass Clare diesem Geschlecht angehörte. Ob er auch wusste, was es bedeutete? Morgen würde Sam ihn fragen. Sein Blick glitt hinüber zu Clare. Sie hatte sich fest in ihre Decke eingewickelt. Das offene, bereits wieder längere, Haar hing ihr ins Gesicht. Den Mund hatte sich im Schlaf leicht geöffnet, die Waffen lagen in Griffweite. Desto länger Sam sie kannte, desto klarer sah er sie. Ja, Clare benahm sich wie eine Kriegerin. Sie hatte bereits Schlachtfelder betreten und wieder verlassen, als er noch lange nicht auf der Welt war. Und sie würde es auch weiterhin tun. Doch ihre Seele war nicht die einer Söldnerin. Ihre Seele war …war einfach anders. Friedvoll.

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