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Ever a Moment, Die Suche 10.

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Fireheart
Veröffentlicht: 22.03.2022 18:13
Aktualisiert: 22.03.2022 18:13
Kategorie: Fantasy
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Text

 

10.

E

s war bereits tiefe Nacht, als Sam sich loseisen konnte. Er hatte die vielen Fragen und die schmierigen Anmachversuche dieser Marie gründlich satt. Die ganze Zeit über hörte er immer wieder Clares Stimme, die ihn warnte. Nun schliefen alle in ihrem Alkoholrausch von dem Fest. Sam stieß den Ältesten mit dem Fuß an. Der zuckte nichtmal mit den Wimpern. Also stieg er zwischen den Männern hindurch, die es nicht in ihre Hütte geschaft hatten und erreichte die Hütte mit den Vorräten. Vorsichtig lugte er hinein. Keine Wachen. Was waren diese Menschen dumm. Sam zog seine Jacke aus, während er eintrat. Frech bediente er sich am Getreide, an den Früchten und am Trockenfleisch. Seine Ausbeute verpackte er in seine Jacke. Er schlich sich wieder nach draußen. Nun ging es weiter zur Pferdekoppel. Er bemerkte die Gestalt nicht, die ihm im Schutz der Hütten folgte.

Clare hob den Kopf, als sie Schritte vernahm. Fas vollkommen lautlos. Sam. Er trat aus der Dunkelheit. Mit einem leisen Schnauben trat Clare an den Zaun. Sie roch das Essen in seiner Jacke. Kluger Junge. Er bückte sich zu den Bündeln, öffnete den Sack mit dem Proviant und schüttete das Essen hinein. Dann schloss er den Sack wieder, nahm das Halfter vom Zaunpfahl und holte Clare von der Koppel. Brav blieb sie stehen, damit Sam ihr die Bündel umbinden konnte. Es überraschte Clare nicht, dass Sam die Bündel so befestigte, dass er noch auf ihr reiten konnte. Der Assassine wollte gerade aufsteigen, als ein Sirren erklang. Clare sah den schwarzen Pfeil durch die Nacht sausen. In reichlicher Entfernung fiel er zu Boden. Eine kalte Stimme erklang: „Nicht so schnell, Lügner!“ Makhail trat aus dem Dunkeln. Sam fragte, wie er so dumm hatte sein können, dass er den Menschen nicht gehört oder gerochen hatte. Wenigstens war er nicht so blöde gewesen, kein Schild zu bilden, der ihn und Clare schützte. Nun lächelte er den großen Mann böse an. „Oh, doch.“ Und noch ehe der Mensch sich versah, raste ein massiver Eispfeil auf ihn zu und durchbohrte seine Brust. Seelenruhig stieg Sam auf die Gestaltwandlerin und trieb sie an, während Makhail vom Feuer verzehrt wurde. Aus dem Stand heraus galoppierte Clare an und verschwand im Wald.

Erst als sie sich Clares Meinung nach weit genug vom Dorf entfernt hatten um sicher zu sein, hielt sie an. Sam stieg von ihr herunter und löste die Bündel. Er nahm ihr das Halfter herunter und holte eine Decke aus einem Bündel, um die verschwitzte Gestaltwandlerin trocken zu reiben, wie er es bei seinem Pferd machte. Doch Clare verwandelte sich schon in einen Schneeleoparden, kletterte einen Baum hoch und machte es sich auf einem dicken Ast gemütlich. Noch bevor ihre Schnauze die großen Pfoten berührten, war sie eingeschlafen. Mit einem leisen Lächeln kletterte Sam ihr mit den Bündeln nach und wachte über sie bis zum Morgengrauen.

Die nächsten Tagen und Wochen verliefen ruhig. Da es langsam Sommer wurde, liefen sie in den kühleren Stunden weiter. In der Nachmittagshitze machten sie eine Pause und Clare unterrichtete weiter. In den kühlen Abendstunden brachte Sam ihr mehr über das korrekte Fechten und sonstige Sachen im Kämpfen bei. Clare konnte ihm auch von so einigen Erfahrungen auf dem Schlachtfeld etwas weitergeben. Während dem Frühstück erkundete Clare als Falke den Weg vor ihnen und jagte dabei Kaninchen oder andere Kleintiere für das spätere Mittagsmahl. Dadurch konnten sie noch lange vom gestohlenen Essen Gebrauch machen. Heute schien die Sonne durch die alten Kiefern und erleuchtete den Weg vor ihnen. Sie waren in den tiefen Bergen angekommen und bei schwierigen Stellen zum Klettern verwandelte sich Clare oft und trug Sam über die Steilwand. In der Nacht erscholl stets tiefes Geheul. Nun sprang Clare fauchend zurück. Klirrend schlugen Schwerter gegeneinander. Auf Sams Gesicht stahl sich ein boshaftes Lächeln. „Beherrsch dich. Lass dich nicht von deinem Gegner provozieren.“ Sam täuschte rechts an und schlug links zu. Clare entging, indem sie sich blitzschnell in einen Schneeleoparden verwandelte und ihn ansprang. Die Krallen an seiner Kehle funkelte sie ihn triumphierend an. „Magie jeglicher Art ist nicht erlaubt“, sagte er ruhig, völlig unbeeindruckt von ihren Krallen. Auf einmal hörte Clare Chases Stimme: „Beherrsche dich, Waterford. Eine einzige falsche Bewegung. Eine leichte Unachtsamkeit und du bist verloren. Du darfst dich nicht auf deine Magie verlassen. Du musst dich mit deinem Körper zu verteidigen wissen. Ohne jegliche Magie. Verlässt du dich zu sehr darauf und sie lässt dich im Stich, bist du vollkommen hilflos. Deshalb musst du lernen ganz ohne Magie zu kämpfen“, hatte der Captian gesagt. So gut hatte ihr Freund damals ausgesehen. So lebendig. Er war mit Kat zusammen gewesen. Und seit dem ersten Mal, als Kat ihn ihr vorgestellt hatte, waren sie beste Freunde gewesen.

Sam blickte Clare stumm in die Augen. Ein Schleier hatte sich über die grünen Augen gelegt. Sie blickte ihn an, schien ihn aber nicht wahrzunehmen. Vorsichtig schob er eine Hand zwischen die Klauen und seinen Hals. Da wurden die Augen wieder klar. Die Katze sprang von ihm herunter und rollte sich unter einem Baum zusammen, bevor er die Traurigkeit in den Katzenaugen sehen konnte. Sam ging zu ihr, setzte sich neben sie und legte die Bündel, die er in der kurzen Zeit zu sich schweben gelassen hatte, neben sich ab. Ein Hand legte er auf seine Knie. Die andere fand sich in einem dichten weichen Fell wieder. Ruhig kraulte er Clare zwischen den Schulterblätter.  

Clare weinte, obwohl es in der Katzengestalt gar nicht möglich sein sollte. Sie weinte um den Freund, der der König ihr genommen hatte. Sie weinte um all die, die ihre Liebsten in diesem Krieg verloren hatten und noch werden, der vor 500 Jahren begonnen hatte. Nach einer Zeit begann sie wahrzunehmen, wie Sam sie kraulte. Er hatte noch nie in einem Krieg gekämpft. Was würde der bevorstehende Krieg mit ihm machen? Wie würde es ihn verändern? Wie würde es seine Gefühle beeinflussen? Clare entspannte sich und legte Sam ihren Kopf aufs Bein. Kurz stockte seine Hand, dann kraulte er weiter.

Sam musterte sie, schien sie auf ihren psychischen Stand zu untersuchen. Dann legte er Clares Kopf vorsichtig vor sich aufs Gras und stand auf. Clare blinzelte verblüfft zu ihm hoch. „Dein kleiner Regelverstoß bedeutet nicht, dass wir für heute fertig sind“, meinte er. Clares Augen blitzten. „Wir machen Faustkampf. Also beeil dich mit dem Verwandeln. Ich will nicht den ganzen Abend hier stehen. Langsam wird es kühl.“ Clare fauchte, verwandelte sich aber mit einem Aufleuchten zurück. Ohne ihn auch eines Blickes zu würdigen, trat sie zu ihrem Schwert, das auf dem Boden lag, hob es hoch und steckte es in die Scheide. Sam trat zu ihr und krempelte die Ärmel hoch. Plötzlich schoss ihre Faust nach vorne. Der Assassine rettete sich mit einem nachhinten Biegen seines Oberkörpers vor einem Schlag in den Magen. Blitzschnell war Sam wieder oben und schlug zu. Mühelos wich Clare ihm aus. Diesmal traf ihre Faust das Ziel. Sam sah Sterne, als die Söldnerin ihn am Kinn traf. Noch bevor er reagieren konnte, kollidierte ihr Fuß mit seiner Brust und er flog nach hinten. Als er seine Augen wieder aufschlug stand Clare über ihm. Eine Hand ausgestreckt. Sam ergriff sie und Clare zog ihn mühelos in die Höhe. Nach den beiden Trainingseinheiten und ihrem Zusammenbruch, wenn man die Erinnerung so nennen konnte, schwitzte die Gestaltwandlerin nicht mal. Und er selbst war weiß Gott kein Leichtgewicht. „Das ist das erste Mal Faustkampf und ich habe dich bereits nach drei Schlägen am Boden. Hat dir  dein Meister keinen Nahkampf beigebracht?“, fragte Clare spöttisch. Sam rieb sich das pochende Kinn. „Die Grundlagen. Er meinte, mehr wäre nicht nötig, da ich sowieso nie ohne Waffen aus dem Haus ging“, grummelte er. Clare schnaubte. „Für einen Faustkampf brauchst du deutlich mehr. Mit einem Messer oder Schwert kannst du dich auf einen verlängerten, scharfen Arm verlassen.“ Sie hob abwehrend die Hand, als Sam zum Protest Luft holte. „Du darfst dich nicht nur auf deine Waffen verlassen. Was passiert, wenn du deine Waffen verlierst und ein ehemaliger Grubenkämpfer dich angreift?“ Sam holte wieder Luft, um etwas zu sagen, doch Clare hob drohend einen Finger. Wehe dir, glaubte Sam sie in seinem Kopf zu hören. Schnell verwarf er den Gedanken. Das war nicht möglich. Clare fuhr fort: „Du willst jetzt bestimmt sagen, dass dich deine Magie schützen wird. So hast du es gelernt. Aber du darfst dich nicht nur auf deine Magie verlassen. Lässt sie dich im Stich, bist du verloren.“ Unbewusst wiederholte sie die Worte, die ihr so viele Male eingetrichtert worden waren. Und es hatte sich gelohnt. Als der Wind sie verließ, war sie nicht vollkommen hilflos gewesen. Trotzdem hatte es nicht gereicht. „Im Schwertkampf und mit den Dolchen bist du besser als gut. Auch darin dich in eine andere Person zu verwandeln hast du dich bewiesen. Wenn auch nur zu 99%. Auf jeden Fall werden wir uns in nächster Zeit mit Nahkampf beschäftigen.“ Clare blickte in den Himmel hinauf. „Schlaf nun noch ein bisschen“, meinte sie. Sam starrte sie ungläubig an. Clare wandte sich um und meinte noch über die Schulter zu ihm: „Heute Nacht ist Vollmond. Da ist es zu gefährlich, um zu schlafen.“

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