
Die hintere Ecke

Travelgirl |
Veröffentlicht: 22.06.2021 18:19 |
Aktualisiert: 28.06.2021 07:42 |
Kategorie: Dies & Das |
Bewertung: |
Text
Das Freibad in der kleinen Stadt ist gut besucht, den ganzen Tag über vergnügen sich Jung und Alt im erfrischenden Wasser, vollführen waghalsige Drehungen vom Sprungturm oder schlittern kreischend die Rutschbahn hinunter.
Ihren ganz persönlichen Platz haben die Seniorinnen, die schon früh morgens vor der Schwimmbadkasse warten. In der hinteren Ecke unter den riesigen Eichen breiten sie ihre Tücher aus und tratschen über die neusten Geschehnisse, bevor sie in Ruhe ihre Längen ziehen. Sie geniessen es, den Platz in der hinteren Ecke für sich zu haben, schon seit ihrer Kindheit sitzen sie immer an der selben Stelle. An ihrem "eigenen" Platz, dem "Platz der 50er".
Kaum sind die Seniorinnen wieder verschwunden, treffen die ersten Mütter mit ihren kleinen Kindern im Schwimmbad ein. Zielstrebig steuern sie auf die hintere Ecke mit den riesigen Eichen zu, breiten Tücher und Picknickdecken aus, plaudern über die neusten Fortschritte ihrer Schützlinge, bevor sie das Kinderbecken in Beschlag nehmen. Nach dem Baden geniessen sie es, in der hinteren Ecke für sich zu sein. Schon seit ihrer Jugend kommen einige von ihnen hierher, immer an ihren "eigenen" Platz, in der hinteren Ecke des Freibads. Früher war es für sie die "Ecke der Jugend", heute kennen die Mütter keinen konkreten Namen mehr, es ist einfach "ihre Ecke".
Kurz nach Mittag stürmen Schulkinder und Jugendliche das Schwimmbad. Viele schlendern zur hinteren Ecke mit den riesigen Eichen und breiten dort bei ihrem Treffpunkt die Badetücher aus. Sie schwatzen und lachen, springen ins Wasser, geniessen ein Eis und verlassen das Freibad erst am frühen Abend wieder. Auf den eigens für sie "reservierten" Platz in der hinteren Ecke unter den Eichen sind sie stolz, dort sind nur die "Coolen", dort trifft man interessante Leute, es ist der "Platz der Jugend".
Am Abend kommen die Erwachsenen. Ihre Gesichter wirken erschöpft vom Arbeiten, den ganzen Tag sind sie im Büro gesessen oder hinter der Theke gestanden. Jetzt nur noch kurz eine Abkühlung, dann geht's nach Hause. Einige treffen sich wie so oft in der hinteren Ecke unter den grossen Eichen. Das ist der Platz der Arbeiter, dort trifft man "seine" Leute.
Um acht Uhr verlassen auch die letzten Leute das Gelände, das Freibad schliesst. Mitarbeiter bemühen sich, alles wieder sauber zu machen. Dann bricht die Nacht hinein. Sie ist die Brücke zwischen zwei Tagen. Zwei Tagen, an welchen das Schwimmbad badefreudige Menschen anzieht und jeder Generation das Gefühl gibt, ihren ganz eigenen speziellen Platz auf dem Gelände zu haben. Nämlich die hintere Ecke unter den mächtigen Eichen.
Coole Idee mit den Geistern! Danke für den Tipp - das ist hilfreich. :)
Lg Travelgirl
Ich finde den Text recht toll. Die Beschreibung des Schwimmbads und seiner Besonderheit ''die hintere Ecke'' ist ausführlich aber nicht langweilig oder langgezogen.
Makaber wie ich bin, hat sich in meinem Kopf eine Idee gebildet, die ich dir nicht vorenthalten will. Die Beschreibung endet in der Nacht, aber wieso dort aufhören. Man könnte doch die Geister der Vergangenheit in der Nacht die hintere Ecke aufsuchen lassen um so ihre Leben und die Vergangenheit wiederzubeleben, sei es auch nur für kurze Zeit.
Aber ich will dir weder vorschreiben was du zu schreiben hast, noch dir ins Werk pfuschen. Ich finde es nur eine witzige Idee, die ich mit dir teilen wollte.
Die Idee von Tinto finde ich auch interessant, nämlich das Freibad zum Ort verschiedener Geschichten zu machen. Auf jeden Fall ist es eine tolle Kulisse.
Freundliche Grüsse
Lukas Stegmann
Lg Travelgirl
die Idee für diese Kurzgeschichte schwirrt mir schon länger im Kopf rum. Nur wusste ich nie wirklich, wie ich es in einen sinnvollen Text verpacken könnte. Tja, hier ist mein Versuch... :)
Ich bin dankbar für Rückmeldungen, falls es zu verwirrend geschrieben ist. Und natürlich auch sonst. :)
Lg Travelgirl