Rosenwelt Teil 2

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Wolf16
Veröffentlicht: 12.04.2021 21:45
Aktualisiert: 12.04.2021 21:45
Kategorie: Fantasy
Tags: Rose, Gegensätze, Welt, Blüten
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Text

Ganesha

 

Ich sah die Wesen, bevor mir der andere zurief, was wir tun sollten.

Auch ich wusste instinktiv, dass der Urrose nichts geschehen durfte und so sprang ich, ohne zu zögern über den Rand der Rose. Sofort verschob sich Dunkelheit und Licht. Die Grenze verlief nun nicht mehr am Blütenrand, sondern am Stängel, so dass jeder von uns in seiner eigenen Sphäre blieb.

Denn Sprung bereute ich, als ich merkte, dass ich fiel.

Der andere rannte auf der anderen Seite des Rosenstängels und gab sich Mühe mit mir auf gleicher Höhe zu bleiben, während er mir zurief: «Forme die Realität mit deinen Gedanken.»

Es ist nicht ganz einfach sich im freien Fall zu konzentrieren, wenn man weiss, dass unter einem nichts als endlos viel Platz, rasende Wesen und ein Wurzelknäuel ist, dass man unbedingt schützen muss.

Trotzdem gelang es mir die Realität zu beeinflussen und die meine eigene Schwerkraft so zu verändern, dass ich auf dem Stängel landete und auf ihm zur Wurzel rennen konnte.

Wie wir mit unseren Gedanken Einfluss auf die Realität nehmen können (Mikoto ist anders als ich sogar davon überzeugt, dass wir die Realität mit unseren Gedanken erschaffen) ist nicht erklärbar. Wir können es einfach. Es ist, wie wenn man jemandem erklären müsste, wie man einen Finger bewegt, nur komplizierter.

Als wir bei der Wurzel ankamen, stellte sich die Frage, wie wir diese Wesen vom Zerstören der Wurzel abhalten sollte.

Mikoto zögerte noch auf seiner Seite des Stängels, als ich mich wutentbrannt auf das nächstbeste Wesen stürzte, denn das Toben dieser Wesen und die Tatsache, dass sie die Urrose verletzten, hatte mich mit Zorn erfüllt.

Ich packte seine substanzlose Gestalt (was ziemlich schwierig ist) und mein ganzes Wesen war vom Gedanken erfüllt, dieses Wesen zu vernichten und die Existenz des Wesens erlosch wie eine Kerze die ausgeblasen wird.

Dass wir die Realität kraft unserer Gedanken beeinflussen können, habe ich ja schon bereits erwähnt. Wir können sie jedoch nicht nur beeinflussen, wir können auch Dinge erschaffen und ja wir können auch Dinge vernichten. Manchmal ist es leichter manchmal schwieriger. Manchmal können wir aus der Ferne wirken und manchmal brauchen wir Substanzkontakt (Körperkontakt ist nicht die richtige Formulierung bei gestaltlosen Wesen).

Als der andere sah, was ich mit dem Wesen gemacht hatte, zählte er zwei und zwei zusammen (das kann er sehr gut, auch wenn er nicht immer auf vier kommt) und stürzte sich ebenfalls auf eines der Wesen und sobald er es berührt hatte, verging es.

Die Wesen hielten in ihrem Zerstörungswerk inne.

Dann stürzten sie sich auf uns.

Aber es nützte ihnen nichts wir vernichteten sie einen nach dem anderen.

Dabei entdeckten wir, dass wir verschiedene Methoden hatten, um die Wesen auszulöschen.

Als die beiden nützlichsten erschienen uns zwei Methoden, die wir als ‘’Aussaugen’’ und ‘’Vollpumpen’’ bezeichnen.

Beim ‘’Aussaugen’’, entziehen wir unseren Gegnern ihre gesamte Kraft, worauf ihre Existenz zusammenbricht. Beim ‘’Vollpumpen’’ tun wir das Gegenteil und pumpen schnell grosse Mengen unserer Kraft in unsere Gegner hinein, was sie zum Explodieren bringt, was im Fall von Gestaltlosen Wesen bedeutet, dass die Energie, die wir in sie hineinpumpen die Grenzen sprengt, die ihr Wesen zusammenhalten.

Der Nachteil des ‘’Aussaugens’’ ist, dass es länger dauert als das ‘’Vollpumpen’’.

Weil wir diesen Kampf so schnell wie möglich beenden wollte, zum einen, weil wir weitere Beschädigungen an der Rose verhindern wollten, zum anderen, weil uns unsere Kräfte noch nicht ganz geheuer waren und wir uns lieber nicht zu sehr darauf verlassen wollten, gingen wir bald dazu über alle unsere Gegner ‘’Vollzupumpen’’.

Doch das ‘’Vollpumpen’’ hat einen ganz grossen Nachteil, den wir leider zu spät entdeckten.

Wenn man beim ‘’Aussaugen’’ den Kontakt zum Opfer vorzeitig verliert (wenn man denn den Substanzkontakt braucht) ist das Opfer geschwächt und kann im schlimmsten Fall abhauen. Die Kraft ist meist dauerhaft entzogen und kann, wenn überhaupt nur teilweise wiedergewonnen werden.

Wenn man beim ‘’Vollpumpen’’ den Kontakt zum Opfer vorzeitig verliert, geschieht etwas sehr viel weniger Harmloses.

Wie schon erwähnt, ist es sehr schwierig etwas Körperloses festzuhalten. Ausserdem macht die Tatsache allen anderen überlegen zu sein leider hochmütig und unvorsichtig und so passierte es, dass ich, als ich das letzte Wesen auf meiner Seite packte es nicht richtig griff und es sich losreissen konnte, als ich schon eine beachtliche Menge Kraft in ihn hineingepumpt hatte.

Mein Gegner schnellte, als er sich von mir losreissen konnte, wie eine Geschoss in das Wurzeldickicht hinein und die Macht in ihm brannte einen Tunnel hinein.

 

Mikoto

 

Wie gerne würde ich hier davon erzählen, dass alles Ganeshas Schuld war und ich meine Gegner pflichtbewusst und bescheiden allesamt sauber auslöschte, aber dem ist leider nicht so.

Auch mich machte die grosse Macht, über die ich gebot, übermütig und unachtsam.

Auch ich bekam den letzten meiner Gegner nicht richtig in den Griff und auch mein Gegner konnte sich losreissen, als schon eine grosse Menge Kraft in ihn hineingeflossen war.

Die Kraftmenge, die wir beide in unsere Gegner gleitet hätten, hätte dennoch ausgereicht, um sie zu vernichten, aber der Zufalle kam den beiden zu Hilfe, denn auch mein Gegner raste ins Wurzeldickicht, wo er mit dem anderen zusammenstiess.

Und nun geschah etwas einmaliges.

Die Wesen, die aus den Wurzeln gekrochen waren, hatten keine Persönlichkeit. Sie bestanden lediglich aus Existenz und Hass auf alles was mehr als das war (deshalb wollten sie auch die Urrose zerstören). Als die beiden Wesen, die beachtliche Mengen Kraft von uns beiden in sich trugen, zusammenstiessen verschmolzen die beiden zu einem.

Sie wurden zu Nabungo und Nabunga, die zwei die eines sind.

Die beiden ähneln uns und sind doch anders.

Sie können ihre Substanz vereinen und zu einem einzigen Wesen werden, doch sie könne auch genauso gut jeder als eigenständiges Wesen mit eigenem Körper agieren.

Sie sind zwei, die eins sind.

Wir sind eins, das zwei ist.

Das ist wohl der grösste Unterschiede zwischen uns.

Es mag wie Wortklauberei wirken, doch diese beiden Formulierungen beschrieben zwei völlig verschiedene Arten des Seins.

Nabungo und Nabunga sind zwei Hälften eines Ganzen. Zwei Halblinge, die nur zusammen ganz sind. Alleine sind sie unvollständig und die Tatsache, dass andere Wesen alleine ganz sein können, erfüllt sie mit Eifersucht und Hass.

Ich und Ganesha sind zwei Ganze, die zu einem werden. Wir sind ganz und vollständig. Zusammen vereinen wir lediglich die besten Teile unserer Selbst zu einem.

Diese Erklärung bezieht sich auf alle relevanten Teile des Lebens, auf alles was mit Gefühlen und Empfindungen zu tun hat.

Machttechnisch gilt es nicht.

Zusammen könnten Ganesha und ich einen der beiden besiegen, womöglich sogar vernichten, doch wenn die beiden vereint sind, sind sie uns ebenbürtig und sollten die beiden zusammen einen von uns allein erwischen, könnten sie diesen besiegen.

Doch in diesem Moment, als sich die beiden zu einem vereinten, waren sie verwirrt hatten Angst und waren geschwächt und so flohen sie.

Und wir folgten ihnen nicht, denn wir waren ebenfalls vom Kampf erschöpft (ein anderer Nachteil des ‘’Vollpumpens’’ ist nämlich, wer hätte es gedacht, dass es eine sehr energieintensive Form des Kampfes ist) und hatten ein viel dringenderes Problem.

 

Ganesha

 

Die Urrose starb.

Als wir den Kampf aufnahmen, hatten die Wesen den Wurzeln bereits grossen Schaden zugefügt. Doch die Urrose hätte sich erholt. Das behauptet zumindest Mikoto und ich bin geneigt ihm in dieser Hinsicht zu glauben.

Doch als Nabungo und Nabunga erschaffen wurden und dieses Loch ins Wurzelwerk brannten, war das zu viel für die Urrose.

Die Schäden waren zu gross.

Und wir beide sind daran schuld. Ich will weder mich noch den anderen hier aus der Verantwortung nehmen. Wir beide alleine sind schuld am Tod der ersten Urrose (es gab auch gar niemanden anders auf den wir die Schuld abschieben könnten).

Doch noch war die Urrose nicht tot, doch die ersten Blütenblätter fielen bereits.

Und in diesem Moment, hatte der andere die wohl genialste Idee, die er je haben sollte.

«Hör zu.», sagte er, «Wir sind in der Blüte der Urrose aufgewacht. Also hat die Urrose uns erschaffen. Wenn wir nun der Urrose genügend Zeit verschaffen, indem wir grosse Mengen Kraft in ihre Wurzeln leiten, könnte es doch sein, dass sie eine neue Urrose hervorbringen könnte.»

Da wir nicht viel verlieren konnten, willigte ich in den Plan ein.

Als die Idee ausformuliert worden war, hatte das ganze toll, einleuchtend und logisch geklungen, als wir jedoch zur Tat schritten, entdeckten wir einen Faktor, den wir zumindest nicht ganz bedacht hatten.

Vom Kampf gegen die Wesen waren wir immer noch erschöpft. Ausgelaugt könnte man sagen. Wir hatten viel Kraft vergeudet, als wir die Wesen mit der ‘’Vollpumpen’’ Methode vernichteten. Die Kraft würde regenerieren, doch das brauchte Zeit, Zeit, die die Urrose nicht mehr hatte.

Ich weiss nicht mehr wie viel Kraft wir in die Urrose geleitet haben. Aber es war viel. Mehr als je in eines unserer anderen Werke fliessen sollte und es hat uns beinahe unsere Existenz gekostet.

Am Ende fiel das letzte Blütenblatt und es schien, als ob unsere Mühen umsonst gewesen wären.

 

Mikoto

 

Als die Urrose starb und es schien, als hätten wir nicht bewirkt, war ich einen Moment fassungslos. Ich konnte nicht glauben, dass mein Plan nicht funktionieren sollte.

Und so wollte ich mir die Blüte genauer ansehen und marschierte den Stängel hoch.

Auf der anderen Seite des Stängels folgte mir der andere laut seinen Missmut verkündend, doch ich beachtete ihn nicht.

Oben angekommen erwartete uns ein trauriger Anblick.

Die Blüte, in der unsere Existenz ihren Anfang genommen hatte und wir uns unserer Selbst gewahr wurden. Der Ort, in dem wir die ersten Augenblicke des Seins erlebten, gab es nicht mehr.

Alle Blütenblätter waren bereits verwelkt und abgefallen. Der Stängel wurde langsam grau und begann instabil zu werden.

Ich verlor den Mut.

Die Rose war tot.

Doch da rief der andere: «Was ist das?»

Ich sah auf und sah es nun auch.

Das Zentrum, an dem die Blütenblätter befestigt gewesen waren, war nicht tot und abgestorben. Es war zu einer roten Frucht geworden.

Doch auch die Frucht begann langsam faltig zu werden und zu sterben.

Offenbar brauchte die Frucht noch einmal etwas Hilfe.

Und genau das sagte ich zu dem anderen. Der hatte sich dies aber bereits selber ausgerechnet und sagte nur: «Drei, zwei, eins, los!»

Wir kratzten unsere letzten Kraftreserven zusammen und leiteten sie in die Frucht.

Zum Glück brauchte diese tatsächlich nur noch einen kleinen Anstoss.

Als unsere beider Kraft in sie hineinfloss, keimte ein kleines Pflänzchen, das mit unglaublicher Geschwindigkeit zu wachsen begann.

Es bildete die Doppelblüte.

Eine schwarze und eine weisse Blüte, die an der Unterseite miteinander befestigt waren.

Kommentare

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Am 14.04.2021, welcome home
Hoi Wolf16

Es freut mich sehr, dass ich dich mit meinen Rückmeldungen motivieren kann und du an dieser tollen Geschichte weiterschreibst :)

Lieber Gruss
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Am 13.04.2021, Wolf16
Hallo welcome home

Vielen Dank für deine positive Rückmeldung. Das Wissen darum, dass jemand diese Geschichte liest und mag, motiviert mich doppelt und dreifach. So macht es Spass an dieser Geschichte weiterzubasteln.

Freundliche Grüsse
Wolf16
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Am 13.04.2021, welcome home
Hoi Wolf16

Mit grosser Freude habe ich den zweiten Teil gelesen und richtig mit den beiden mitgefiebert. Neben ein, zwei Rechtschreibfehlern kann ich dich nur loben. Die gleichen und doch unterschiedlichen Sichtweisen gibt eine Leichtigkeit in die Geschichte, ganz toll. Es gefällt mir auch sehr gut, wie du die Fähigkeiten, Gestalten und Techniken beschreibst und so mich als Leserin in die Welt dieser Wesen eintauchen lässt.

Ich bin sehr gespannt, wie die Geschichte weitergeht :)

Lieber Gruss
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