Zugfahrt - Teil 2

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Lissan
Veröffentlicht: 08.07.2020 11:14
Aktualisiert: 08.07.2020 11:11
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Kurzbeschrieb:
Diese mehrteilige Geschichte aus zwei Perspektiven ist zusammen mit welcome home entstanden. Viel Spass :)

Text

 

Ferdinand plätschert fröhlich im Wasser zur Musik, währendem ich nebendran im gleichen Takt tanze. Wir lachen und tanzen und geniessen die Zeit miteinander. Wie sehr ich ihn liebe, meinen Ferdinand. Er ist mein allerbester Freund! Während ich noch tanze, ist Ferdinand plötzlich weg. Ich schaue um mich und langsam kommen mir beängstigende Gedanken auf. Panik! Wo ist er?! Ist ihm etwas zugestossen? Ich schaue aus dem Fenster und sehe, … Mir stockt der Atem. Wie konnte das bloss geschehen? Mein kleiner, wundervoller Goldfisch wird ganz unbeholfen den Bach hinuntergerissen! Ich kreische und schreie: «Ferdinand! Neeeeeeein…»

Ein lautes «Tuuuuuut, tut» lässt mich hochfahren. Vollkommen verschwitzt und verstrubbelt schaue ich in das kleine Aquarium neben meinem Bett. «Ferdinand?», frage ich voller Hoffnung, dass doch alles nur ein Traum war. Es ist leer. Bereits kullern wieder die Tränen. Seitdem Cristine meinen allerliebsten Ferdinand der gefährlichen Strömung unseres Dorfbachs aussetzte, habe ich jede Nacht Albträume. Albträume von der unvorstellbar grausamen Tat, der Aussetzung meines Goldfisches.

Plötzlich fällt mein Blick auf die Uhr und ich zucke zusammen. 8.25 Uhr! «Mist», entfährt es mir, «Nur noch zwölf Minuten bis mein Zug fährt!» Hecktisch beginne ich mein Pyjama loszuwerden, währendem ich ins Bad stolpere und mich notbedürftig wasche, bevor ich mir meine wärmsten Sachen überwerfe. Wie gut, dass ich meine Tasche schon gestern gepackt habe. Rasch schlüpfe ich in meine Winterstiefel, greife die Tasche, reisse die Haustüre auf und renne los.

Dem schneebedeckten Garten schenke ich keinerlei Beachtung, während meine Füsse Richtung Wald sprinten. Die leise rieselnden Schneeflöckchen peitschen mir ins Gesicht. Im Wald angekommen hetzte ich über den schmalen, steinigen Pfad und falle schliesslich fast über einen im Wege liegenden Ast. Schwer keuchend komme ich an der Dorfstrasse an. Endlich! Der Bahnhof ist nicht mehr weit. Ich frage mich, ob mein Gesicht bereits erfroren ist, während ich über die schmale Strasse rase. Dabei bemerke ich die Glätte nicht, wodurch mich eine Eisfläche zu Boden reisst. «Aua…!», rufe ich schmerzverzerrt. «Na ja, wenigstens weiss ich jetzt, dass mein Gesicht noch lebt», schiesst es mir durch den Kopf. Jedoch frage ich mich, ob ich mich bewegen kann. Langsam hebe ich mein linkes Bein und lege es zur Seite. Dann mein rechtes Bein, bevor ich meinen Oberkörper wagemutig wende. Geschafft! Es scheint noch alles in Ordnung zu sein. Ich krieche ein Stück, bevor ich mich wieder sicher genug fühle um aufzustehen und weiter zu eilen.

«Tuuuuuut», ertönt es wieder. Das ist der Zug. Er ist angekommen. Ich muss zum Bahnhof. Jetzt. Bevor er abfährt. Ich muss nach Huluta und zwar heute noch. Mit letzter Kraft und Energie fliege ich zum Bahnhof und hüpfe in den Zug. Schwer atmend stehe ich im Waggon, während der Zug zu rollen beginnt. Ich fühle, wie mir schwindelig wird, mache zwei Schritte und sinke auf den erstbesten Platz.

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