Ein kleines bisschen besser

„Was tust du da?“

Thea blickte auf. Sie war es gewöhnt, dass die Leute sie ignorierten. Die meisten eilten wortlos an ihr vorbei, ohne sie überhaupt wahrzunehmen. Und diejenigen, die es doch taten, musterten sie bloss belustigt oder warfen naserümpfend einen Blick über ihre Schulter, bevor sie sich umdrehten und zügigen Schrittes davonliefen.

Noch nie hatte jemand angehalten und ihr eine Frage gestellt. Noch nie. Und das würde sich wohl auch nicht ändern. Da war sich Thea ganz sicher. Jedenfalls war sie es bis vor ein paar Sekunden noch. 

„Was tust du da?“

Thea blinzelte und richtete sich ein Stück auf. Vor ihr stand ein kleiner Junge, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, der sie neugierig anblickte. Die schwarzen Haare standen ihm wild vom Kopf ab und in der Hand hielt er einen kleinen Stoffbären umklammert, der in der grellen Mittagssonne glänzte.

„Was tust du da?“, fragte der Junge ein drittes Mal und liess seinen Blick abwartend über Theas schmutzige Hände und den unordentlichen Müllberg am Boden wandern.

„Ich...“, begann Thea und brach dann hilflos ab. Wie sollte sie dem Kleinen bloss erklären, was sie hier machte? Würde er es überhaupt verstehen?“

„Sammelst du Müll?“, erkundigte sich der Junge.

„Äh...ja“, antwortete Thea und hob ihren Stoffbeutel in die Höhe. „Genau. Das kommt alles da rein. Willst du mal sehen?“

„Ja“, erwiderte er und beugte sich gespannt ein Stück vor. Thea öffnete den Sack für ihn und präsentierte ihre heutige Ausbeute.

Der Junge griff strahlend nach einem roten Spielzeugauto. „Das sieht ja cool aus.“ Er drehte das Gefährt bewundernd in seinen Händen.

„Kannst es gerne behalten, wenn du magst“, antwortete Thea lächelnd. „Ich verstehe einfach nicht, warum manche Menschen Dinge fortwerfen, die eigentlich noch völlig in Ordnung sind“, fügte sie leise hinzu und liess den Beutel wieder sinken.

„Ist das der Grund, warum du den Müll aufhebst? Weil du nicht willst, dass die schönen Sachen verloren gehen?“, fragte der Junge und drückte das Auto an sich. Thea blickte überrascht hoch. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sie gehört hatte.

„Irgendwie schon, ja“, begann sie und seufzte. „Aber eigentlich mache ich es auch, weil ich nicht will, dass der ganze Müll und Abfall unsere Erde...kaputtmacht.“

„Kaputtmacht?“, wiederholte der Junge überrascht. „Wie kann der Müll denn die Erde kaputtmachen?“