«Berühr mich!»

Ein Gedanke, der mich durchfährt, von ganz tief her erfüllt. So muss es sich anfühlen, wenn Männer einen Ständer bekommen, denke ich. Einfach plötzlich erregt. Spitz. Während in einer Diskussionsrunde über die Rolle der Aufklärung in der Kunstgeschichte geredet wird, bin ich mit den Gedanken ganz woanders.

Der Duft meines fremden Sitznachbarn verursacht komische hormonelle Wallungen in mir. Sein noch nicht ganz verflogenes Cologne mischt sich mit süss-säuerlichen Ausdünstungen. In diesem Augenblick ist es egal wie er aussieht, woher er kommt, was für politische Motivationen er verfolgen mag – es ist allein der Duft, der sich als eigener Charakter emanzipiert.

Durch mein tiefes Einatmen bahnt sich dieser Charakter einen Weg in meine Brust, er verursacht eine Wärme, als ob man ein Zündholz anstreicht. Langsam atme ich aus. Die Funken der Flamme rieseln herab, kitzeln mich zur Gänsehaut und hinterlassen ein prickelndes Gefühl in meinem Unterbauch.

Wie erstarrt halte ich mich am Stuhl, auf dem ich sitze, fest und schliesse für einen Moment die Augen. Es ist ein flüchtiges Emotionschaos aber so unglaublich schön, dass man jeden Moment auskosten will. Würde mich jetzt eine Hand sachte aber mit etwas Druck berühren, ich müsste, ich würde…ich könnte mich nicht beherrschen.

Ich öffne meine Augen, es soll niemand merken woran ich denke – bloss nicht! Mein Blick überfliegt die Runde, ich höre nicht zu, versuche mich zu konzentrieren, doch es gelingt nicht. Den Blick in die Leere gerichtet spüre den kleinen Abstand meiner Schulter zu der Schulter meines wohlriechenden Sitznachbarn. Der Abstand ist sehr klein. Berühr mich, denke ich heimlich, bevor die Flamme endgültig erloschen ist.