24 Stunden (Teil 2)

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Cyrill.P.Kerry
Veröffentlicht: 17.09.2018 21:31
Aktualisiert: 17.09.2018 22:08
Kategorie: Dies & Das
Tags: zeit, Leben
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Kurzbeschrieb:
Hier der nächste Teil des "letzten grossen Feuerwerkes". Der dritte und letzte Teil erscheint morgen Dienstag, dem 18.09.18. Ich wollte es ein wenig spannend machen. ;)

Text

Wie angefroren stand ich da. Der Schock, der tief in meinen Adern sass, liess mich starr dastehen, als wäre ich gelähmt. Die Gestalt ging in einem aufrechten, seriösen Gang, nur ganz langsam und kein Geräusch von sich gebend. Langsam erkannte ich mehr. Schwarze Hosen und einen schwarzen Pullover, mit einer riesigen Kapuze, trug die Gestalt. Diese Kapuze war so gross, dass sie das gesamte Gesicht verdeckte und nur ein schwarzes Loch bildete, woraus zwischendurch ein Nasenspitz herausschaute. Die Hände befanden sich in den Säcken des Pullovers. Aufgrund der Statur und des Körperbaus ging ich davon aus, dass es sich hierbei um einen Mann handeln musste. Während er näherkam, zog er eine seiner schrumpeligen Hände aus dem Sack und machte eine Geste, die wohl hätte bedeuten sollen, ich solle die Ruhe bewahren. Doch das sei leicht gesagt, bei einem solchen Erlebnis. Ich beschloss das zu tun, was ich schon mein ganzes Leben lang tat: weglaufen. Ich nahm meine Beine in die Hand und rannte was das Zeug hielt, durch die Verandatür, hinein in die Küche, wobei ich beinahe mit Martina zusammengestossen wäre.

«Liebling! Du bist ja schon wach, welch ein Wunder!», sagte ich verschwitzt, nahm ihr Gesicht in die Hand und küsste sie auf ihre weichen Lippen. Martina hingegen beäugte mich nur verwundert. Ihre Augen glänzten wie aufblitzende Kristalle im Licht eines wilden Feuers. Ihr braun-blondes Haar, welches sie immer noch offen trug, spielte dazu im Wind, welcher durch die Tür hineinschwebte. Einzelne Haare flogen ihr immer wieder ins Gesicht, was sie unbekümmert zur Kenntnis nahm und mich weiterhin anstarrte. Dann lächelte sie kurz und drehte mir wieder den Rücken zu, um sich einen Kaffee zu machen. Für einen kurzen Augenblick vergass ich, dass sich in unserem Garten ein merkwürdiger Typ herumtrieb. Dies blieb nicht so, denn als ich mich wieder hinaus in den Garten begeben wollte, stand er direkt in der Tür der Veranda. Auch wenn man sein Gesicht nicht sehen konnte, spürte ich, dass er mich anblickte und ganz genau beobachte. Natürlich fuhr ich erst einmal zusammen. Dies bekam Martina mit. Auch sie drehte sich um und fragte mich dann: «Was ist denn mit dir los?» Mit offenem Mund stand ich da und fragte mich, ob sie das ernst meinte. Ein fremder Mann, schwarz gekleidet und mit Kapuze um das Gesicht, stand in unserem Haus und sie fragte, was mit mir los war. «Sie siehst du ihn denn nicht? Dieser Typ ist mir gefolgt, bis in unsere Küche!», sagte ich und wies mit dem Zeigefinger auf die Gestalt. Nun blickte Martina den Mann direkt an. Doch keine Reaktion war auf ihrem Gesicht zu erkennen. Stattdessen schaute sie zurück zu mir und sagte abschätzig: «Du hast gestern wohl wieder zu viel gesoffen!» Mit einem Schwung, welcher ihre Haare wie ein Schweif mitzog, verliess sie den Raum. «Martina? Schatz, ich habe gestern nicht getrunken, ich meine es ernst!», versuchte ich ihr nachzurufen.

Ich rief weiter und weiter. Ich wollte nicht, dass sie mich erneut für einen Versager hielt, auch wenn ich vielleicht einer war. «Nun hör schon auf!», mischte sich eine altklingende, rauchige Stimme hinter mir ein. Ich hörte nicht darauf. «Hör auf du jämmerlicher Lappen!», schrie die Stimme etwas aggressiver. Der Typ hatte sich um zwei Schritte in die Küche bewegt und stand nun unmittelbar vor mir. Mit Bangen musste ich bemerken, dass er nicht einmal so klein war. Grösser als ich war er zumindest. Ich schluckte einmal stark und fragte ihn: «Was willst du hier?» Seine Antworten waren mehr als knapp: «Dir helfen.» Er streckte einen seiner blassen Arme aus und griff nach meiner rechten Hand. Ich aber wich ihm aus und antwortete darauf: «Was soll der Unsinn? Raus aus meinem Haus!» Aber er machte weiter und griff immer wieder nach meiner Hand, bis er sie schliesslich hatte. Ich versuchte mich loszureissen aber es ging nicht. Eine immense, überirdische Kraft ging von diesem Typen aus. Ich schrie nach Martina, aber sie kam nicht. Weiter und weiter rüttelte ich am kräftigen Arm, bis es mir von der ganzen Bewegung selbst wehtat. Ich spürte, wie sich die scharfen Nägel des Mannes in mein Fleisch hineinbohrten. Dieser Schmerz war unerträglich.

Nach geraumer Zeit liess er mich los. Hinterlassen hatte er eine blutige Narbe an meinem Handgelenk. «Von jetzt an hast du 24 Stunden Zeit. Das ist dein letzter Tag auf Erden, der letzte Tag deines Lebens. Überlege dir gut, was du mit deiner Zeit anstellen willst und verschwende sie nicht! Merke dir, 24 Stunden!», zischte der Typ mit der lauten, herrischen Stimme eines alten Mannes. 24 Stunden? Was sollte das denn bedeuten? Voller Panik überlegte ich mir, was ich in dieser Situation hätte tun sollen. Martina hätte mir so oder so nicht geglaubt. Die hätte noch gedacht, dass ich begonnen habe, mich zu ritzen. Ich realisierte, dass es keine andere Möglichkeit gab. Ich musste es hinnehmen, wie es war und meinen letzten Tag leben.

Das schmerzende Handgelenk in der Hand haltend, blickte ich hoch. Der Mann war verschwunden. Dann blickte ich zur Küchenuhr, welche 08:30 Uhr anzeigte. Der Tag hatte gerade erst begonnen. 

Kommentare

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Am 19.09.2018, Anina
Lieber Cyrill - ich wünsche dir alles Gute für die nächsten 24, 48 und ganz viele weiteren Stunden. Danke, dass du mit deinen Beiträgen für tollen Lesestoff gesorgt hast und schreibdichfrei.net mitgestaltet hast. Ich hoffe, du schreibst weiter und hast weiterhin Inspiration, Ideen und Muse.