Lebensgeschichte von Anton dem Schwarzen / 2. Kapitel

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Wolf16
Veröffentlicht: 08.08.2018 09:43
Aktualisiert: 08.08.2018 09:44
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Kurzbeschrieb:
Die Geschichte von Anton dem Schwarzen, die ihn zu dem machte der er war.
2. Kapitel
Vom Krieg und einem grossen Unglück.

Text

 

«Haben wir jemals so wenig gefangen?», fragte Petryck und blickte fassungslos auf die paar wenigen Fische die in ihren Netzen zappelten.

«Ja. Das war schon letztes Mal mit Falin so.», antwortete Anton missmutig.

Er war genauso verstimmt wie Petryck.

Sie mussten weiter hinaussegeln und fingen weniger Fische.

Offenbar wurden sie von irgendetwas vertrieben.

Nun hatten sie nicht einmal die Hälfte der Fische die sie sonst fingen.

Noch länger zu fangen kam nicht in Frage, da sie sonst zu spät zum Stützpunkt des Vereinigten Bund der Fischhändler kommen würden.

Also setzten sie alle Segel und fuhren mit grösstmöglicher Geschwindigkeit mit ihrem mickrigen Fang zum Stützpunkt.

Aber sie sahen schon von weitem, dass etwas nicht stimmte.

Bis heute lagen immer mindestens zwei Wolfsdraken vor dem Hafen vor Anker.

Heute hingegen ankerte hier nur ein Wolfsdraken.

Auch der Hafen der Kriegsschiffe war fast halb leer, und an den Kais liefen Arbeiter herum, die die verbliebenen Schiffe mit Nahrung, Wasser, Waffen oder Munition für die Ballisten beluden.

Auch viele Soldaten der Marine von Aqua Patrim liefen herum und bestiegen die Schiffe die meist sofort ausliefen.

Es gab auch jede Menge Lastkähne, lange, flache Schiffe die von Kavallerie- und Infanteriebataillonen bestiegen wurden.

Diese Schiffe wurden in grossen Gruppen von Wolfsschiffen eskortiert.

Im Händlerhafen, war alles wie sonst, auch wenn eine gewisse Spannung in der Luft lag.

Sie legten an dem Platz an den man ihnen zuwies und bald kam auch ein dicker Fischhändler der auf ihre magere Beute schaute.

«Dreissig Silberlinge, kann ich euch dafür geben.», sagte er bekümmert.

Anton nickte mit dem Kopf, einen besseren Preis konnten sie kaum herausschlagen.

Arbeiter füllten die Fische in Fässer und karrten sie zu einem nahen Lagerhaus.

Anton hielt den Händler auf, als sich der nach der Bezahlung davonmachen wollte.

«Was ist denn eigentlich los?», fragte er.

«Was meinst du?», fragte ihn der Händler erstaunt.

«Na, die ganzen Kriegsschiffe die ausfahren und die Lastkähne die halbe Armeen transportieren.», antwortete Anton und gestikulierte heftig in Richtung Kriegshafen.

«Habt ihr es denn noch nicht gehört?», antwortete der Händler erstaunt,«die Polarier sind eingefallen.»

Anton erbleichte.

Die Polarier waren die Bewohner von Polaris im Norden der Insel und direkt an der Grenze zu Aqua Patrim.

Sie waren ein äusserst kriegerisches, zähes und starkes Volk.

Auf dem Wasser, waren ihnen die Aqua Patrimer vielleicht überlegen, aber zu Land waren die Polarier ihnen überlegen.

Die Flussländer, ihre anderen Nachbarn würden keinen Finger krümmen um ihnen zu helfen.

Ihr einziger Vorteil zu Land war, dass Aqua Patrim im Vergleich zu anderen Ländern sehr schmal auf der Polaris zugewandten Seite war.

So würden die Polarier wenigstens ihre zahlenmässige Überlegenheit nicht ausspielen.

Der Händler hatte Antons Entsetzen offenbar erkannt, denn er sagte beruhigend: «Noch ist nichts verloren, unsere Armee ist bereits vor Ort und weitere Bataillonen rücken nach. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir die Angreifer aufhalten können bis uns unsere Verbündeten zu Hilfe kommen.»

Anton war nicht so zuversichtlich wie der Händler.

Aqua Patrim hatte zwar Verbündete, aber glaubte nicht das diese stark genug wären die Polarier zu vertreiben.

Die Arbeiter waren inzwischen mit dem Entladen fertig geworden und der Händler ging nun zu einem gerade einlaufenden Fischerboot, das nicht viel mehr als Anton gefangen hatte.

Anton verzichtete diesmal auf einen Besuch auf dem Markt und sie fuhren sofort nach Hause.

Im Dorf angekommen, zogen sie die ‘’Gischt Krone’’ auf den Strand und vertäuten sie.

Die Segel liessen sie jedoch gehisst um eine schnelle Flucht zu ermöglichen.

Anton und Petryck liefen sofort zur Schiffswerft von Aequor.

Dort stand Aequor mit seinem Stellvertreter Rolf (ein drei Meter grossen Rot-Troll) an einem Tisch.

Die beiden waren mit einem Schiffsplan beschäftigt auf dem sie eifrig etwas einzeichneten.

«Aequor, Aequor…», japste Petryck bevor sie die beiden noch erreicht hatten.

«Die Polarier sind eingefallen.», keuchte nun auch Anton.

Aequor verstand sofort.

Er schickte Boten durch das Dorf die die Bewohner aufforderten sich reisefertig zu machen.

Danach schickte er fünf der schnellsten Läufer als Kundschafter Richtung Front.

In der Nacht wurden Wachposten aufgestellt.

Es wurde eine lange und für viele Dorfbewohner schlaflose Nacht in einer angespannten und vor Angst verseuchten Atmosphäre.

Am Abend des nächsten Tages kamen die Kundschafter zurück und berichteten, dass der polarische Vormarsch kaum 200 Kilometer von ihrem Dorf entfernt aufgehalten wurde.

 

Die nächsten Mondzyklen waren für die Dorfbewohner schwierig.

Nach fünf Tagen kamen Soldaten von Aqua Patrim und beschlagnahmten Nahrungsmittel für die Armee, die immer noch die Stellung hielt.

Die Armee der Polarier konnte am Sorokko (einem breiten, tiefen, schnell fliessendem Fluss der das ganze Land quer durchzieht) aufgehalten werden.

Die Aqua Patrimer hatten dort schon vor langer Zeit Bollwerke errichtet die die Polarier nur einnehmen konnten, wenn sie den Fluss überquerten, was momentan jedoch von den Besatzungen der Festungen, wie auch der Flotte verhindert wurde.

Nach fünf weiteren Tagen kam dann endlich die erste gute Nachricht.

Die Amazonenkönigin Leonie die Erste war mit einem riesigen Heer in See gestochen und hatte die Front erreicht.

Mit der amazonischen Hilfe drängten die Aqua Patrimer die Polaris zurück und eroberten die Hälfte der verlorenen Gebiete zurück.

Aber dann erholte sich die polarische Armee von dem Überraschungsmoment und drängten wieder vor.

Die Aqua Patrimer und die Amazonen konnten die Stellungen mit allergrössten Mühen halten, aber die Angriffe der Polarier forderten einen riesigen Blutzoll auf beiden Seiten.

Aber während die Aqua Patrimer und die Amazonen langsam ausbluteten, wurde die Armee der Polarier immer grösser.

Aus den Hinterlande von Polaris wurden grosse Truppen ins Feld geschickt.

Nach einem Mondzyklus zeigte sich dann, dass sowohl die Aqua Patrimer wie auch die Amazonen den Polaris König Norwin der 27 und dessen Militärmacht unterschätzt hatten.

Norwin schickte eine zweite Armee in das grösstenteils ungeschützte Amazonien und seine Truppen überrannten es wortwörtlich.

Innerhalb eines Mondzyklus hatten die Polarier die Hauptinseln der Amazonen erobert und alle Burgen, Festungen und Städte besetzt.

Sie beschlagnahmten die Ernten und setzten nach und nach auf das Festland der Amazonen über.

Schliesslich forderte Norwin der 27 Leonie die Erste auf sich aus dem Krieg um Aqua Patrim zurückzuziehen.

Die Polarier würden in diesem Fall sofort abziehen, jedoch das bereits erbeutete Beutegut mitnehmen.

Die Ernten sowie alle Festungen, Burgen und Städte würden ohne Wiederstand abgegeben.

Würde sich Leonie die Erste sich jedoch wiedersetzen würden die Polarier die Ernten nach Polaris schaffen und einen Grossteil der Bevölkerung versklaven.

Leonie hatte keine Wahl und zog ab.

Die Polarier hielten Wort und die abgezogenen Truppen schlossen sich dem Angriff auf Aqua Patrim an.

Die nun deutlich schwächeren Aqua Patrimer sahen sich nun einem erstarkten Feind gegenüber und zogen sich zurück.

Zuerst langsam und geordnet.

Aber schnell wurde aus dem Rückzug eine Flucht.

Die Polarier stiessen immer weiter vor und eroberten nun die Bollwerke am Sorokko und rückten weiter vor.

Überall wurde der Rückzug befohlen.

Die Truppen sollten sich auf leichter zu verteidigende Positionen zurückziehen.

Die Bevölkerung wurde freilich über diesen Rückzug nicht unterrichtet.

Für ihre Unwissenheit würden die Bewohner des Dorfes in dem Anton lebte einen hohen Preis zahlen.

 

Es zwei Mondzyklen und 15 Tage nach Kriegsbeginn und der Rückzug der Aqua Patrimer war in vollem Gange, als etwas geschah was Antons Leben nachhaltig verändern sollte.

Dieser Tag ist schuld, dass Anton das wurde was er wurde.

Dabei hatte er die Ereignisse damals gar nicht erlebt.

Er war mit Falin fischen gewesen.

Da auch die Polarier eine Flotte hatte und viele flinke Kriegsschiffe besassen die sie die Seewölfe nannten, brachte Anton seinen Fang den sie nahe dem Dorf fischten, nicht mehr zum Aussenposten sondern ins Dorf.

An diesem Tag hatten sie nicht viel gefangen.

Wie jeden Tag seit Kriegsbeginn.

Die viele Schiffe auf dem Wasser vertrieben viele Fische und ein grosser Teil des Rests wurde von den beiden Armeen gefangen.

Anton und Falin fuhren also mit ihrer mageren Beute zurück zum Dorf.

Diese würde dort sehnlichst erwartet werden, da die Soldaten immer häufiger kamen um Nahrungsmittel zu beschlagnahmen.

Noch deutete nichts auf das Unheil hin das sich ereignen würde.

Erst als das Dorf in Sicht kam und sie plötzlich sahen, dass keine Schiffe am Strand lagen, wurde ihnen klar, dass während ihrer Abwesenheit etwas Schreckliches passiert war.

So schnell sie konnten segelten sie zum Strand.

Falin blieb beim Boot zurück und Anton rannte durch das Dorf.

Er war erleichtert, als er weder Leichen noch Spuren eines Kampfes fand.

Das ganze Dorf war in Aufregung.

Die Männer hatten sich mit Sensen, Äxten, Mistgabeln, Fackeln, Knüppeln, einfachen Jagdspeeren und Messern bewaffnet.

Anton sah Oslo den Schmied mit einem riesigen Hammer herumlaufen und Kercke die Metzgerin hatte sich einen Gurt um den Oberkörper geschlungen, an dem unzählige Messer baumelten und trug zusätzlich zwei riesige Schlachtbeile in den Händen.

Es gab auch einige andere Frauen die sich mit Hieb und Stichwaffen bewaffnet hatten, aber die meisten hatten sich mit Bögen bewaffnet.

Anton lief durchs Dorf bis er Thomas fand der gerade damit beschäftigt war seine fünfjährige Schwester und drei andere Mädchen unter Steinboden, eines leeren Fischerschuppen zu verstecken.

Diese Schuppen waren zum Verstauen der Fische gedacht.

Um die Mädchen zu verstecken, hatte man eine der grossen Steinplatten die den Boden der Fischerhütte bedeckten entfernt, und darunter ein Loch gegraben, auf das man dann später mit der Platte verschliessen würde.

Die Mädchen trugen jedes ein Proviantbündel in der Hand und sahen verängstigt aus.

Als sie Anton sahen wichen sie ängstlich zurück.

Thomas der ihn nur aus den Augenwinkeln gesehen hatte wirbelte herum.

In der einen Hand hielt er ein Messer, in der anderen einen Holzprügel den jemand mit Nägeln ohne Köpfe gespickt hatte.

Er senkte die Waffen als er ihn erkannte.

«Was ist hier los?», fragte ihn Anton verwirrt.

«Die Hölle.», antwortete Thomas.

Ein Funke stahl sich in seine Augen: «Hast du die ‘’Gischt-Krone’’ dabei?»

«Ne. Ich bin geschwommen, aber Falin, hat sie glaube ich mal dabeigehabt?», antwortete Anton.

«Du hast sie dabei.», jubelte Thomas und er hatte Freudentränen in den Augen.

Anton dachte schon Thomas würde gleich anfangen zu heulen, als sich dieser wieder fing und sagte: «Schnell wir müssen zu Aequor. Kommt mit.»

Die letzten Worte waren vor allem an die vier Mädchen gerichtet die sich hinter ihm versteckten.

Als sie durchs Dorf liefen berichtete Thomas was geschehen war.

«Etwa drei Glasen, nachdem du weg warst, kam ein Trupp verdreckter und zum Teil verwundeter Soldaten ins Dorf. Sie sagten sie seien auf dem Rückzug (sah für mich aber eher nach Flucht aus), vor den polarischen Truppen die offenbar durchgebrochen waren und furchtbar unter unseren Truppen wüteten. Sie haben alle Schiffe beschlagnahmt, angeblich im Auftrag des Kaisers. Würde dem Drecksack sogar ähnlichsehen. Anschliessend sind sie mit den Schiffen fortgefahren. Auf die Frage was mit uns sei haben sie nur gelacht.», erklärte Thomas, «Deine Rückkehr erwarteten wir nicht mehr, denn wenn die Armee nicht einmal mehr genug Schiffe hat um ihre Leute zu evakuieren ist der Seeraum nicht mehr sicher, obwohl er immer noch sicherer ist als der Landweg. Darum freue ich mich ja auch so über deine Rückkehr. Als die Soldaten weg waren, begannen wir uns auf den kommenden Überfall vorzubereiten. Wir bewaffneten uns, aber was sollten wir mit den Kindern machen. Niemand wollte sie sterben lassen, also bereiteten wir verschieden Verstecke für sie vor. Aber jetzt bist du mit der ‘’Gischt-Krone’’ da und wir können die Kinder in Sicherheit bringen.»

«Aber so viel Platz ist nicht auf der ‘’Gischt-Krone’’», wandte Anton ein.

«Ich rede auch nicht vom ganzen Dorf. Du, die 14 Kinder und noch ein zwei in unserem Alter, wahrscheinlich auch ein Mädchen, dass sich um die kleinsten kümmert, die können das besser als wir.», antwortete Thomas mit einem traurigen Unterton in der Stimme.

Anton erkannte traurig, dass ein Grossteil der Bevölkerung offenbar beschlossen hatte zu sterben.

Kommentare

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Am 10.08.2018, Alena06
Hallo
Ich habe zwar nicht alles Gelesen aber ich fand es sehr schön geschrieben