Leben?

Cover
Musvia
Veröffentlicht: 12.07.2018 22:18
Aktualisiert: 12.07.2018 22:24
Kategorie: Dies & Das
Tags: Drama, Schnee, Tod
Bewertung:
Deine Stimme wird abgegeben.
Bewertung: 4.7 von 5. 3 Stimme(n).
Klicke auf die Sterne, um den Text zu bewerten.

Text

Fröstelnd hüpfe ich auf dem Schulhof auf und ab.

Ob sie noch kommt? Soll ich Lara anrufen?

Ja, beschliesse ich und hole mein Handy hervor. Doch kaum halte ich es in meinen Händen entfällt es meinen klammen Fingern.

Da ich unter dem Vordach des Schulhauses stehe, den einzigen Ort an dem es keinen Schnee hat, geht das Display kaputt. Als ich versuche es anzuschalten, reagiert es nicht. Genervt stecke ich es zurück.

 

„Na toll", seufzte ich und laufe mblindlings in Richtung meines Heimatdorfes.

Mein Leben ist einfach nur Scheisse.

Nichts läuft so wie geplant. Meine Noten werden immer schlechter, ich habe Streit mit meinen Eltern und meine sogenannte beste Freundin Lara hat mich versetzt.

 

Sie wollte mich eigentlich mit ihrem neuen Auto von der Schule abholen, da der Weg nach Hause im Winter ihrer Meinung nach viel zu gefährlich ist, aber ich bin ihr wahrscheinlich nicht wichtig genug.

Nicht mehr.

 

Mittlerweile hat es angefangen dicke Flocken zu schneien. Es schneit so stark, dass man den Weg nicht mehr erkennen kann. Egal, einfach weiterlaufen, sonst komme ich nie mehr zu Hause an.

Meine Schritte werden schneller.

 

Schon nach einer Weile wird mein Atem immer schwerer und die kalte Luft sticht in meine Lunge. Das Einzige, was ich höre sind meine schnaufenden Atemzüge und meine schlurfenden Schritte, welchen sich ihren Weg durch den Schnee bahnen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit bleibe ich schwer atmend stehen.

 

Der Schnee geht mir bereits bis unterhalb der Knie. Auf der Strasse befinde ich mich sicher nicht mehr, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit auf dem Weg zu bleiben bei so tiefem Schnee.

Soll ich zurück laufen?Bis zur Schule?

Ja, ich kann es versuchen.

Ich drehe mich um... doch meine Fussspuren, einfach weg!

Nervös blicke ich mich um.

 

Da, da drüben ist eine Anhöhe, ein kleiner Hügel, da hätte ich einen besseren Überblick.

Ich raffe meine letzten Kraftreserven zusammen und stapfe, so schnell es durch den Schnee geht, auf den kleinen Hügel zu.

 

Obwohl mir eiskalt ist, meine Finger und sicher auch schon meine Lippen bläulich angelaufen sind, läuft mir dennoch ein einzelner Schweisstropfen die Stirn hinab, als ich oben ankomme.

Der minimale Aufstieg hat sich gelohnt.

Etwa sieben Kilometer entfernt liegt ein Dorf im Schutz eines steilen Berghanges.

Mein Heimatdorf.

 

Jetzt gerade kommt mir mein Leben gar nicht mehr so Scheisse vor, ich spüre weder die eisige Kälte an meinen Beinen durch die nassen Hosen, noch der Wind, der an meinen Kleidern zerrt.

 

Ich lächle und bin einfach nur glücklich. Mit neuer Entschlossenheit laufe ich los.

Da ich aus meinen Fehlern durchaus lerne, laufe ich dem Fluss entlang, der durch das kleine Dörfchen führt, ich will mich ja nich schon wieder verirren.

 

Während des Laufens beobachte ich fasziniert den Fluss, welcher Dank seiner starken Strömung nicht zugefroren ist.

 

„Ich ruhe mich am besten eine Zeit lang aus", murmle ich und plumpse unsanft in den Schnee. 

Langsam bemerke ich die immer grösser werdende Schläfrigkeit und eine Taubheit, welche über meine Glieder herrscht.

Zwischendurch tauchen weiss leuchtende Punkte in meinem Sichtfeld auf, welche mich ziemlich verwirren, doch im Moment ist es mir so ziemlich egal.

 

Ich schliesse die Augen und höre nur noch meinen langsamen Herzschlag und das Rauschen des Flusses.

 

Wieso nicht einfach liegen bleiben?

 

Mein Leben hat doch keinen Sinne mehr, es ist nicht lebenswert.

 

Doch plötzlich höre ich Wolfsgeheule. Wütend rapple ich mich auf.

 

Wenn ich schon sterbe, dann soll meine Leiche nicht von Wölfen aufgefressen werden!

Mit neuer Kraft gehe ich los und bemerke voller Wut nicht, wie sich die weissen Punkte vermehren.

 

Erst als mein ganzes Sichtfeld weiss ist, sehe ich es beziehungsweise nichts.

 

„ Was zum...", flüstere ich, doch weiter komme ich nicht.

 

Eisige Kälte umgibt mich plötzlich und anstatt Worte kommen Luftblasen aus meinem Mund.

 

Mit einem Schlag weiss ich, was los ist.

Ich bin in den Fluss gefallen!

 

 

Unterwasser werde ich herumgewirbelt wie eine Puppe. Ich versuche dagegen anzukämpfen, doch der Fluss ist zu stark.

 

Da merke ich, dass ich mich getäuscht habe.

Das Leben ist lebenswert.

 

Ich will leben!

 

Meine Lunge brennt, schreit nach Luft und ich will ihr diesen Wunsch dringend erfüllen.

 

 

 

Ich versuche mich nach oben zu kämpfen, doch meine vollgesogene Kleidung zieht mich nach unten, in die eisige Dunkelheit des Flusses.

Kommentare

Profilbild
Am 01.08.2018, tamara18
sehr Spannend
Am Titel kann man noch arbeiten...
Sehr fesselnd....