Der Nachtzug (Prolog)

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Cyrill.P.Kerry
Veröffentlicht: 05.07.2018 23:28
Aktualisiert: 17.07.2018 00:04
Kategorie: Abenteuer
Tags: Nacht, Zug, prolog
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Kurzbeschrieb:
Ein kurzer Prolog, zu meiner nächsten kleinen Kurzgeschichte. Ihr seid schon gespannt? Dann könnt ihr euch schon auf das Release am 16.07 freuen! :)

Text

Regentropfen formieren sich auf dem Fenster. Sie trommeln wild auf die Glasscheibe ein und verursachen ein lautes Trommeln. Graue, dicht bewaldete Landschaften ziehen an meinen Augen vorbei. Hie und da erleuchten helle Blitze die Gegend und lassen ein ungeahntes, verstecktes Häuschen entblössen oder zwei Silhouetten von Männern, die sich einen Glimmstängel teilen. Manchmal, wenn man ganz genau hinsieht, kann man auch einen Fuchs oder eine kleine Maus erkennen, welche blitzartig zurückschreckt und wieder im Gewächs verschwindet.

Ich komme von einer langen Reise zurück. Einer geschäftlichen Reise, die mich fast um die halbe Welt jagte. Drei Monate war ich unterwegs, um meinem Geschäft gerecht werden zu können. Nein, ich klinge wahrscheinlich nur so, als würde mir mein Job nicht gefallen. Tatsächlich bin ich sehr zufrieden. Schliesslich darf ich dank dieses Jobs die Welt bereisen, neue Leute kennenlernen und wenn wir schon mal auf der ehrlichen Spur sind, meine Chefs sind sich nicht zu geizig, mir einen vortrefflichen Lohn zu zahlen. Einzig und allein, was ich auf dieser langen Reise von meinem eigenen Gehalt zuletzt zahlen musste, war ein Souvenir aus Spanien, ein speziell angefertigtes Porzellanfigürchen, da dies nicht unter die Privilegien des Geschäfts gezählt wurde. Sonst kann ich böse gesagt, tun und lassen was ich will, mit den Schottern, welche ich während der Reise ausgezahlt bekomme. Was mein Beruf ist, spielt in dieser Geschichte keine Rolle. Vielleicht findet ihr es heraus, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist es euch egal, vielleicht aber auch nicht. So ist es eben.

Ich bin schon Mitte vierzig und wie sich das so für einen alten Mann gehört, trage ich einen einigermassen gepflegten, dunkelbraunen Dreitagebart. Aufgrund meiner langen Reise und der nicht immer vorhandenen Möglichkeit, mich zu rasieren, hat er sich in den letzten Tagen in einen struppigen Vollbart verwandelt. Nicht unbedingt schlecht, doch den Urwald in meinem Gesicht, unter dem es in dieser heissen Jahreszeit auch langsam heiss wurde, werde ich dann bei meiner Rückkehr los. Um etwas lesen zu können, sei es ein Absatz in einer Zeitung oder ein normales Ortschild, bin ich gezwungen, meine Brille aufzusetzen. Diese Brille hilft mir aber leider nicht bei meiner Farbenblindheit weiter. Naja, ansonsten gibt es über mich nicht viel zu erzählen. Ihr fragt euch jetzt bestimmt, wie mein Name lautet. Aber auch das wird für die Geschichte nicht länger von Bedeutung sein. Damit es aber keine Verständnisprobleme gibt, während ich euch diese Geschichte erzähle, sagen wir, ich heisse einfach Brendan.

Schon seit einer Woche befinde ich mich im selben Zug und noch ein weiterer, letzter Tag steht mir bevor. Den Rest des Weges, den meine Reise in Anspruch nahm, bestritt ich entweder mit geliehen Autos oder Flugzeugen. Mit meinem Taschentuch tupfe ich mir den Schweiss von der Stirn. Er tropft mir in die Augen, läuft mir über die Lippen. Mein Abteil besteht aus einem kleinen Bett, welches zuerst aus dem Schrank herausgeklappt werden muss, natürlich per Fernbedienung, wie das die neueste und modernste Technik vorsieht. Am Fenster befindet sich mein Tisch, den ich als Ablage oder Küchentisch benutze, zusammen mit zwei Bänken, die insgesamt vier Personen tragen können. Auf diesem Tisch steht eine langsam sich zu welken beginnende, weisse Rose. Alles, was es in meinem Abteil noch gibt, sind Schränke, in die ich meine Wertsachen verstauen kann. Toiletten und Duschen sind in diesem Zug gemeinschaftlich angelegt und befinden sich am anderen Ende der Wagons.

Erschöpft und gedanklich geprägt von meiner Reise, sehe ich aus dem Fenster. Der Regen ist stärker geworden. Die Wiesen und Strassen, an denen der Zug vorbeifährt, werden nass und glänzen im abgedämpften Licht des Mondes, welches durch die Wolken dringt. Ich denke an all die Menschen, denen ich in meinem Leben begegnet war, an all die Menschen, die ich auf meiner Reise kennengelernt habe. Ich denke an die Menschen, die ich über alles geliebt habe, an die, die ich über alles gehasst habe. Wo sind sie jetzt? Mit uns ging die Zeit, die Veränderung raste mit der Zeit, Kopf an Kopf. Unhaltbar für uns alle waren sie, unsere Momente, die vergänglich waren. Ich bin bereits ein älterer Mann, sitzend in einem Nachtzug, alleine auf Geschäftsreise, während ich aus dem Fenster blicke und mir immer mehr bewusstwird, dass mein Leben an mir vorbeizieht, sowie die Wiesen, Strassen und Städte dort draussen, welche am Zug vorbeirauschen und sich immer weiter wegbewegen.

Fortsetzung folgt...

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