Dran glauben
Starlight |
Veröffentlicht: 22.06.2018 17:30 |
Aktualisiert: 22.06.2018 17:30 |
Kategorie: Dies & Das |
Bewertung: |
Text
Dran glauben
„Kopf oder Zahl?“
Ich blickte auf. Vor mir stand ein kleiner Junge, vielleicht zehn oder elf Jahre alt. Er blickte mich mit seinen grossen braunen Augen erwartungsvoll an. Ich lächelte und legte meine Zeitschrift weg.
„Kopf“, sagte ich und schaute geduldig zu, wie der Junge die Münze in die Luft warf und danach geschickt wieder auffing.
„Glück gehabt“, strahlte er und setzte sich neben mich auf die Parkbank.
„Wissen Sie, was das Besondere an dieser Münze ist?“, fragte der Junge nach einer Weile und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
„War es dein erstverdientes Geld?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, aber es ist eine Glücksmünze. Ich habe sie schon seit mehreren Jahren, trag sie immer bei mir und würde die Münze für kein Geld der Welt hergeben.“
„Ein Stück Geld, das Glück bringen soll?“, zweifelte ich. „Na, ich weiss nicht so recht.“
Der Junge kniff die Augen zusammen und blickte mich überrascht an. „Glauben Sie mir etwa nicht?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Nun ja, ich bin mir bei Weitem nicht sicher, ob solch eine simple Münze einem wirklich Glück bringen kann.“
„Meine kann das.“
Ich nickte langsam und fragte dann mit hochgezogenen Augenbrauen: „Und wie äussert sich dieses Glück? Du gewinnst doch wohl kaum im Lotto, nur weil die Münze dauernd in deiner Tasche steckt?“
Der Junge seufzte und setzte sich aufrecht hin.
„Nein, natürlich nicht. Eine Gegenfrage: Wer oder was bringt Ihnen Glück?“
Ich überlegte eine Weile. Schliesslich entgegnete ich: „Meine Familie, weil sie immer für mich da ist.“
Er lächelte zufrieden. „Na eben. Sehen Sie, dann ist Ihre Familie Ihre Glücksmünze.“
Ich nickte überrascht. „Stimmt. Aber eine Münze ist doch nicht das Gleiche wie eine Familie. Wie kann diese Münze denn gleich viel Glück bringen wie Menschen, die einen mögen?“
Der Junge schloss die Augen und lehnte sich zurück. Lange Zeit schwieg er und ich fragte mich schon, ob ich irgendetwas Falsches gesagt hatte, da setzte er sich auf. In seinem Blick lag plötzlich etwas Trauriges. Die Münze fest in seiner Hand verschlossen, antwortete er:
„Vielleicht haben Sie Recht. Vielleicht kann ein Stück Geld das in der Tat nicht. Vielleicht ist es doof, an „Glücksmünzen“ zu glauben und doof, sie immer bei sich zu haben. Ob man nun eine Familie hat, die für einen da ist oder nicht – Glück, Glück bringen, glücklich machen. Das kann eine Münze aber trotzdem. Wenn man nur dran glaubt.“
Danke viel viel Mal. :) Es freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefällt.
LG
Starlight
Das war meine erste Reaktion als ich deinen Textgelesen habe.
Er ist super!!!!Bravo!
Danke viel viel Mal für deine Rückmeldung. Ich habe mich sehr darüber gefreut und finde es super, dass dir die Geschichte gefällt. ;)
Liebe Grüsse
Starlight
Du hast das spannende Grundthema deines Textes meiner Meinung nach super umgesetzt und mich dabei nachdenklich gestimmt. Danke dafür! :)
Auch dein Schreibstil hat mich sofort in seinen Bann gezogen.
Viele Grüsse,
Seli77