Dreambrothers (Kapitel 15)

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Cyrill.P.Kerry
Veröffentlicht: 11.06.2018 00:38
Aktualisiert: 09.07.2018 01:58
Kategorie: Fantasy
Tags: Traum, Träume, Liebe
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Kurzbeschrieb:
Nachdem David von seinen Freunden abgesetzt wird, schreitet er durch die Strassen der Stadt und versinkt tief in einem Tagtraum.

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Text

Vasco fuhr stehts der Autobahn entlang. Vorbei an den malerischen Vorstadthäusern, vorbei, an den Hochhäusern, den Geschäftsmeilen, dem Regierungsviertel der Stadt. David fragte sich ernsthaft, wie all das seinem eigenen Kopf entspringen konnte. All die umwerfenden, grossen Hochhäuser, mit ihren riesigen Fenstern und den prunken Fassaden und ihren in der Nacht grell leuchtenden Lichtern. Die Strassen, die sich durch diese Hochhäuser schlängelten, eine grösser als die andere. Jedes einzelne Detail, jeder Telefonmast, jeder Bankautomat, entsprang aus Davids Fantasie. Es war für ihn schwer, sich das vor Augen zu führen.

Vasco nahm die Ausfahrt und fuhr mitten in die Stadt hinein. Die Sonne schien immer mehr zwischen den Wolken hervor und blendete David durch die Frontscheibe des Autos hindurch. Freudig, endlich mal wieder schönes Wetter zu sehen, kurbelte er sein Fenster hinunter. Aus nächster Näher strömte Duft von französischen Crêpes in Davids Nase, gemischt vom Duft der roten und weissen Rosen des nächsten Blumengeschäfts. Der Wind strich durch Davids Haar. Eine kleine, frische Brise, die ihm in dieser hitzigen Zeit guttat.

Das Auto steuerte die Richtung zur Central Station an und hielt schlussendlich auf einem auf der Seite markierten Parkplatz. «Ich denke du musst hier raus David», sagte Vasco. David tat wie geheissen. Er verabschiedete sich von seinen Mitstreitern und begab sich auf den Weg nach Hause. Dieses Mal war es wenigstens Tag und die Sonne war auch mehr oder weniger präsent. Er genoss es, durch die Strassen zu laufen. So konnte er sich ausserdem Gedanken über das erlebte machen. David spazierte also den Hausmauern der grossen, von unten unendlich aussehenden, Wolkenkratzern entlang, richtete seinen Kopf nach oben und starrte bis zur Spitze des Wolkenkratzers irgendeiner Bank. Die Tiefsten der Wolken strichen über die Spitze des Gebäudes. Wie ein Tanz sah es aus. Ein kurzer Tanz, ausgeführt von zwei unterschiedlichen Partnern. Zwei Partner, so unterschiedlich sie auch sein konnten. Diesen einen Tanz, den führten sie perfekt. Die Wolken strichen sanft und gleichmässig um den Wolkenkratzer herum, bis sie sich kurz später wieder voneinander lösten und sich die Wolken davonmachten.

Wie konnte das alles sein? Wieso war David nur in diesem endlosen Delirium, in diesem endlosen Traum gefangen? Konnte er nicht einfach aufwachen? Einfach die Augen öffnen, erwachen in diesem Krankenhausbett, von dem er ständig träumte. Und dann? Wie ging es weiter? David hatte nicht die leiseste Erinnerung an sein früheres Leben, an sein eigentlich reales Leben. Er kannte bisher nur dieses eine Leben. Das Leben im Delirium. Was wäre, wenn David einfach in seiner Traumwelt geblieben wäre? Würden die Ärzte irgendwann die Hoffnung aufgeben, die Maschinen ausschalten, die ihn noch am Leben hielten und ihn sterbend zurücklassen? Er wusste, dies war keine Option. Wenn er in seinem Traum geblieben wäre, wäre David so oder so gestorben. Vielleicht war dies gar nicht so schlecht? Wofür sollte er ein Leben betreten, welches er gar nicht kannte und dort seine letzten Jahrzehnte in Unglück verbringen? Weshalb sollte er nicht einfach in seinem bisher perfekten Leben bleiben, irgendwann von einem Delirium-Agenten getötet werden oder durch den Einfluss der Ärzte in seinem echten Leben? Weshalb nicht die letzten Stunden, Tage, Wochen oder Monate in Glück verbringen, bis es dann schlussendlich vorbei war? Was wäre wohl besser gewesen? Jahrzehnte lang unglücklich ein Leben verbringen oder für eine unbestimmte Zeit glücklich sein und dann plötzlich sterben? Er wusste es nicht und wenn er ehrlich war, wollte er diese Entscheidung nicht treffen.

Dutzende Menschen standen an einer Ecke an, um sich frisches Eis zu besorgen. Aus dem Laden heraus roch es nach Schokolade und Vanille, gepaart mit dutzenden, wahrscheinlich sogar hunderten anderen der verschiedensten Eissorten. David mochte kein Eis. Trotzdem liess dieser Geruch ein wohliges Gefühl in seinem Innern aufsteigen. Ein Kribbeln in der Bauchregion, wenn er an sein zweites oder drittes Treffen mit Lauryn zurückdachte. Damals hatten sie eine Eisdiele aufgesucht, natürlich auf Lauryns Wunsch hin. Es hatte genauso gerochen, wie es nun an dieser Ecke tat. David strahlte in sich selbst hinein, wenn er daran dachte, welche Gefühle er damals noch für Lauryn hegte.

Es war warm und die Vögel besangen den wunderschönen, wolkenlosen Sonntagnachmittag. Die Frühlingsluft war durchströmt vom Geruch der Blätter. Der Fluss entlang der Strasse floss friedlich seine Wege und transportierte die Fische und anderes Getier mit sich. Hin und wieder legten einige Vögel einen Sturzflug hin, um nach einem leckeren, dicken Fisch zu schnappen, welcher ahnungslos durchs Wasser trieb. Es war schon fast eine malerische Atmosphäre. An Davids Arm war Lauryn, die neben ihm herlief. Sie lief neben ihm her, wie eine altvertraute, wissend, wo David sie hinführen wollte, auch wenn sie trotzdem keine Ahnung hatte, wohin die kleine Reise ging. Sie kannten sich erst seit ein paar Tagen, dennoch war es, als ob sie sich schon Jahre Zeit miteinander verbrachten. Ohne irgendein Wort gingen sie neben einander her. Es brauchte auch keines. Schliesslich hatten sie sich, mehr benötigte man nicht, um einen so schönen Nachmittag zu verbringen. Je weiter sie gingen, desto enger klammerte Lauryn sich mit ihren Händen um seinen Arm. Eine wohlfühlende Enge verspürte David an seinem Arm. Es tat nicht weh oder dergleichen. Im Gegenteil, es fühlte sich gut an. Ein Kribbeln durchfuhr ihn. Es bewegte sich durch seine Arme, geleitete in seinen Oberkörper und strömte von dort in seinen ganzen Körper hinaus. Sein Herz begann wild zu klopfen und zu vibrieren, so genau konnte sich David noch an diesen unbeschreiblich schönen Spaziergang erinnern. Dann auf einmal kamen sie bei genau dieser Eisdiele an. Da es schliesslich ein sehr warmer Frühlingstag war, stellte sich die Idee, sich ein kühles Eis zu besorgen, nicht einmal als so schlecht dar. So kaufte David zwei Eiscornets, beide mit Schokoladen- und Erdbeereis und einer kleinen Garnitur aus Pistazien. Danach setzten sie sich auf eine nahegelegene Parkbank mitten in der Stadt, in einem kleinen grünen Fleck in der Nähe der Central Station. Diesem kleinen, grünen aber gemütlichen Fleck wurde der Name Maystreet. Wahrscheinlich aufgrund des Frühlinghaften an diesem Ort. Es war, als ob die Maystreet, welche bekanntlich das schönste Quartier der Stadt war, aus einem Wald geholt wurde und mitten in der Stadt eingesetzt. Sie passte einfach nicht in das sonstige Strassenbild der Grossstadt. Links und rechts waren die beiden von dicken Büschen abgeschirmt. So sehr, dass der Strassenlärm fast nicht mehr zu hören war. Vor ihnen befand sich ein kleiner Teich, auf dem sich friedlich quakende Enten befanden. Hin und wieder lief ein Jogger an ihnen keuchend vorbei oder ein betrunkener Obdachloser, auf der Suche nach Kleingeld in den Mülltonnen. David legte seinen Arm und Lauryn, welche sich direkt an ihn anschmiegte. Mit einer so liebevollen Stimme sagte sie ihm: «Ich liede dich.» Drei Worte. Drei so simple, kurze Worte. Simpel und dennoch erblühten in David all seine Emotionen, als Lauryn diese Worte aussprach. Sein Körper begann eine Unmenge an Euphorie auszuströmen. Dies fühlte er so stark, dass er glaubte, einen ultimativen Rausch auf einer ihm unbekannten Droge zu machen. Die Droge der Liebe.

Plötzlich wurde David von seinem Handy aus seiner Tagträumerei gerissen. Der Klingelton klingelte laut in Davids Hosentasche vor sich hin. Er schaute sich kurz um und bemerkte, dass er schon längst hätte abbiegen sollen. Die Werfner Street, in welcher er sich jetzt befand, war die Hauptstrasse der Stadt und führte direkt in die Autobahn. Beschliessend, sich erst später um dieses Problem zu kümmern, blickte er auf sein Handy. Es war Lauryn, die ihm anrief.

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