Ich wäre so gerne noch einmal jung

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Taff8
Veröffentlicht: 21.05.2018 12:37
Aktualisiert: 21.05.2018 12:37
Kategorie: Dies & Das
Tags: Altes Ehepaar, Jugend, Wunsch
Memories
Thema Mut 2020
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Kurzbeschrieb:
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Text

"Ich wäre so gerne noch einmal jung Gertrud. Schau dir nur die Kinder an, sie können sich völlig frei fühlen, spielen und ihr Leben geniessen."

"Ach Helmut, das können wir doch auch, wenn wir wollen."

"Nein können wir nicht! Stell dir nur mal vor, ich würde jetzt aufstehen, meine 86 Jahre alten Knochen in Bewegung setzen und gemeinsam mit den Kindern da unten auf dem Spielplatz spielen."

"Also ich würde es lustig finden..."

"Da wärst du aber auch die Einzige. All die Eltern, die auf ihre Kinder aufpassen, würden es alles andere als lustig finden, glaub mir. Nein, sie würden mich als verrückt abstempeln und mich so weit wie möglich von ihrem Kind fernhalten."

"Vielleicht hast du recht mein Geliebter und der Spielplatz ist nicht gerade der perfekte Ort um sein inneres Kind raus zu lassen. Es gibt aber auch für uns noch genug Möglichkeiten, um sich noch einmal jung zu fühlen."

"Das wären?"

"Zum Beispiel können wir Sport machen, einer Wandergruppe beitreten oder genauso, wie all die Jugendlichen einen Film im Kino ansehen."

"Beim Sportmachen schmerzen meine Knochen, über die Wandergruppen macht man sich doch nur lustig und im Kino werden wir ja sowieso angeschaut, als wären wir gerade aus unseren Gräbern ausgebrochen."

"Aber was willst du denn mein Lieber? Im Alter kann man halt nicht mehr alles so machen, wie man es früher tat."

"Was ich will? Ich würde gerne tun können, was ich will. Egal, wie dumm die Idee auch ist, genauso wie die Kinder da unten. Wenn mir danach ist ein Eis zu essen, will ich das tun können ohne dass mich der Verkäufer so ansieht, als müsste er mir noch erklären, dass sich gewisse Tabletten nicht so gut mit dem Eis vertragen würden. Wenn ich eine Sandburg bauen möchte, dann möchte ich im Sand toben, ohne dass die Eltern ihr Kind schützend vor mir in den Arm nehmen."

"Irgendwo hast du ja recht, aber ich bin zufrieden mit dem Leben, welches ich habe. Es ist auch schön selbständig zu sein und nicht immer auf andere hören zu müssen."

"Ach was!? Als Kind musst du auf niemand hören. Jeder versteht, dass du noch ein Kind bist und lässt dich machen."

Ohne ein Wort zu sagen verliess das alte Ehepärchen die Bank, auf der sie zuvor sassen und philosophiert haben. Es war schon spät und als die beiden Zuhause waren, legten sie sich auch gleich schlafen. Mit einem Kuss auf den Mund wünschte Gertrud ihrem geliebten Ehemann eine gute Nacht und wollte ihrem Mann noch einmal beibringen, er solle sein Leben so geniessen, wie es war. Dieser war müde und ging nicht mehr weiter darauf ein.

Der nächste Morgen, Helmut war schon früh wach. Mit verschlafenen Augen sah er sich um, doch wo war er? Das Zimmer, in dem er lag, war ihm bekannt, doch es war nicht in seiner Wohnung, wo er jetzt lebte. Erschrocken riss er seine Augen auf, es war sein altes Kinderzimmer. Neben ihm lag nicht Gertrud, sondern Tiger, sein altes Kuscheltier. "Mein Wunsch ging in Erfüllung!" schrie er und sprang mit einem Satz aus dem Bett. Da waren keine Gelenkschmerzen, die ihn dazu zwangen noch einmal auf dem Bett abzusitzen. Voller Freude rannte er die Treppe runter und sah seine Mutter in der Küche. Sie begrüsste ihn mit einem Kuss auf die Stirn und stellte ihm eine Schale Müsli hin. Doch nicht irgendein Müsli, sein Lieblingsmüsli mit den Fruchtstücken. Löffel nach Löffel schlang er die Delikatesse in sich hinein. Danach überredete er seine Mutter mit ihm auf den Spielplatz zu kommen. Also machten sie sich auf den Weg. Angekommen setzte sich die Mama auf eine Bank in der Nähe und Helmut konnte endlich wieder Kind sein. Mit einem Sprung begrüsste er den altgeliebten Sandkasten und wühlte im Sand. Zornig kam die Mutter auf ihn zu, packte ihn am Arm und zog ihn aus dem Sand. "Die Kleider werden doch so ganz dreckig Helmut. Ich verbiete dir weiter im Sand zu spielen." Enttäuscht verliess Helmut den Sandkasten und ging an's Klettergerüst. Wenigstens kann er hier noch bis ganz oben klettern und die Aussicht geniessen. Erst zwei Tritte weiter oben sah er schon wieder seine Mutter unten stehen. "Nicht mehr weiter hoch Helmut. Was ist, wenn du runterfällst?" Mürrisch kletterte Helmut wieder runter und liess auch das Klettergerüst in Ruhe. Sofort sah er, dass der Eisstand heute offen hatte. Mit einem Lachen ging er hin und bestellte sich zwei Kugeln Erdbeereis, natürlich mit Cornet. Die Verkäuferin begutachtete ihn mit stutzigem Blick, händigte ihm dann aber das Eis aus. "Das macht dann fünf Franen." Helmut kramte in seiner Hosentasche, doch wo war sein Portemonnaie? Ach ja stimmt, er war ja jetzt ein Kind! Doch nichts leichter als das. Er schrie laut: "Maaaammmi!" und da kam seine Mutter auch schon angerannt.


"Entschuldigen Sie, ich habe ganz vergessen auf den Bengel aufzupassen. Hat er etwas bestellt?" "Ja, er wollte zwei Kugeln Erdbeereis." "Fünf Franken, richtig? Sie können das Eis behalten. Zu viel Ungesundes tut dem Kleinen nicht gut." Die Mama streckte der Verkäuferin fünf Franken hin und nahm Helmut auf den Arm. Doch dieser schrie und bettelte. Er wollte das Eis unbedingt, doch die Mutter liess sich nicht erweichen: "Wenn du einmal gross bist, kannst du Eis essen, wann immer du willst."

Je länger er tobte, desto mehr verschwamm die Welt um ihn herum und er kam zurück in ein Schlafzimmer. Gertrud schüttelte ihn: "Aufstehen Helmut." Es war also alles nur ein Traum? Mit einem Sprung stand Helmut auf und freute sich sogar die Gelenkschmerzen wieder zu spüren. Dann gab er Gertrud einen Kuss und sagte ihr: "Du hattest ja so recht!" "Mit was denn?" "Ach mit allem..."

Helmut ging nach unten, nahm sich ein Fünf-Franken-Stück aus dem Portemonnaie, setzte sich den Hut auf und machte sich auf den Weg...

Kommentare

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Am 20.09.2021, Amanda_8
Cooler Text!
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Am 08.06.2018, Taff8
Hallo Seli77

Es freut mich sehr, dass dir mein Text gefallen hat. :)
Vielen Dank für deine Rückmeldung.
Habe manchmal noch so meine Schwierigkeiten die passenden Formulierungen zu finden und die Kommas richtig zu setzen, aber ich werde daran arbeiten. :)

Viele Grüsse
Taff8
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Am 29.05.2018, Seli77
Hallo Taff8!

Ich finde deinen Text gut gelungen. Besonders mag ich die Wendung am Ende... :)
Fehler kann ich ebenfalls nur wenige finden, höchstens Kleinigkeiten wie nicht ganz passende Formulierungen oder ein fehlendes Komma.
Gute Arbeit!

Freundliche Grüsse
Seli77
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Am 22.05.2018, Alena06
Wau