Dreambrothers (Kapitel 5)

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Nederlandfreak
Veröffentlicht: 28.11.2017 20:03
Aktualisiert: 29.12.2017 16:54
Kategorie: Fantasy
Tags: Traum, Träume, Nacht, Grossstadt, Nebel
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Text

Vergeblich knöpfte David seinen Mantel zu. Die eiserne Kälte war nicht einmal mit seinem Mantel aufzuhalten. Frierend hob er seinen Kopf an und begutachtete das Schild um nachzusehen, wo er überhaupt war. Central City hiess es mit einer dicken, serifenlosen Linearantiquaschrift. David hatte keine andere Wahl, er musste den Rest zu Fuss bewältigen. So weit war es glücklicherweise nicht mehr. Gewissermassen war David selbstschuld. Er war während der Fahrt eingeschlafen und konnte Elias nicht sagen, wo durch es ging, damit er vor seiner Wohnung halten konnte. Aber er wollte sich nicht schon wieder nerven.

Der Nebel schlich sich förmlich durch die Stadt und schien sich mit jedem Davids Schritte wieder zurück zu ziehen, als hätte er sich vor ihm verstecken wollen. Je tiefer David in die menschenleere Stadt lief, desto dicker und feuchter wurde der Nebel. Es war schon fast erstaunlich, wie wenig um diese Zeit in der Grossstadt los war. Nicht ein einziges Auto fuhr vorbei. Sich fragend, wieviel Zeit verstrichen war, blickte David zurück und las auf der Bahnhofsuhr, die er gerade noch so erkennen konnte: halb vier Uhr morgens. Er war schon seit beinahe einem Tag nicht zuhause gewesen.

Links und rechts, vorne und hinten, türmten sich die riesigen Hochhäuser auf, genau die, die David zuvor noch von ausserhalb der Stadt betrachten konnte. Leider hatten alle in den Büros Feierabend und auch die Menschen, die in den Wohnungen lebten, hatten die Lichter gelöscht und waren für die letzten Stunden noch in ihrem schön warmen und kuscheligen Bett. Nur an vereinzelten Stellen brannte noch oder schon wieder Licht. Als David nach oben sah, erblickte er einen jungen Mann, welcher Kopfhörer trug und etwas an seinem Laptop machte. Wahrscheinlich erledigte er noch irgendeine Arbeit oder spielte ein Videospiel. Angesichts des Zeitpunktes der Tätigkeit und des Aussehens des Mannes, er trug ein kariertes Hemd und eine Brille, was David noch knapp erkennen konnte, schloss David eher auf das erste. Ein Stock höher konnte David ein Pärchen beobachten, welches sich liebevoll und innig küsste. Der Mann der beiden sah auf und bemerkte David, der nun direkt unter dem Fenster stand und zog den Vorhang zu. Das letzte, was David noch sah, bevor er weiterlief, war, wie sich die Silhouetten der beiden aufeinander stürzten und sich dabei auf ein Bett fallen liessen.

Zügig bewegte David seine Beine weiter, immer weiter weg vom Stadtzentrum. Die Kälte wurde immer unerträglicher. Während er einen kleinen Hügel, gespickt mit vielen Hochhäusern, hinunterlief, hörte er lautes Gelächter und lässig klingende Musik. Kurz darauf erschienen zwei junge Damen aus einer Tür auf Davids linker Seite. Die blondhaarige von beiden stützte sich auf der rothaarigen ab, wahrscheinlich um nicht zu stolpern und hinzufallen. Beide kicherten, als sie an die kühle Luft traten. «He, sieh dir mal dies`n Schlippsheini an!», lallte die Blonde lachend. David grinste die beiden nur an, zufrieden, nicht selbst gerade in diesem Zustand zu sein. Ausserdem war er schliesslich auch mal in dieser Phase. An diese Zeit konnte sich David aber leider nicht mehr erinnern. Er hatte generell überhaupt keine Ahnung, wie sein Leben früher aussah, welche Schule er besuchte, wer seine Freunde waren oder war überhaupt seine Eltern waren. Alles was er wusste und seiner Meinung auch wissen musste war, dass er David hiess, eine schöne Wohnung besass und eine Freundin hatte, die er über alles liebte. Trotzdem hätte er gerne gewusst, wer er früher war und besonders, weshalb er sich an rein gar nichts erinnern konnte.

Gedankenverloren schlenderte David weiter durch die Stadt. Mittlerweile war ihm die Kälte wieder vollkommen egal. Durch das ganze Laufen hatte sich sein Körper daran gewöhnt. Auch die Angst vor einer weiteren Begegnung mit einem solchen merkwürdigen Mann im Anzug war verflogen. Bei einer grossen Kreuzung angekommen, die ansonsten eigentlich gut befahren war, nahm er den linken Weg und bog wenige Meter später erneut links ab. Von diesem Moment an wurden die Gassen immer enger. Beim Vorbeigehen an einer Bäckerei, in der bereits wieder Licht brannte, kroch ein wundervoll riechender Geruch in Davids Nase. Ein Gemisch aus salzigem Teig von Croissants, Laugencrosissants und süsslichem Teig, welcher David an Schokoladenbrötchen erinnerte. Kurz blieb er stehen, um den Geruch genauer wahrzunehmen und identifizieren zu können. Der süsslichere Geruch enthielt etwas, dass ihn an frisch gebrannte Mandeln denken liess.

Sich wieder ein wenig zusammenreissend, fasste er sich und ging zügig weiter. Den Geruch hatte ihn für einen Moment vergessen lassen, dass er eigentlich schon lange hätte zuhause sein sollen. Für einen kurzen Moment war sich David nicht mehr hundertprozentig sicher, ob er sich wirklich auf dem richtigen Weg befand, da die Häuser einander immer enger gegenüberstanden und auch die Gegend immer zwielichtiger wurde. Doch dieser Verdacht liess sich dann als inkorrekt erweisen, als David in die altgewohnte Strasse mit den vielen Wohnungen im Barockstyl einbog. Auch der Blick zum vertrauten Bushäusschen vor dem Champagnergeschäft, liess ihn aufatmen. Er fühlte sich sicher und war heilfroh, nur noch weniger Meter laufen zu müssen. Vorsichtig bestieg er die von der Kälte eingefrorene Treppe und wollte gerade die Tür aufschliessen, als er bemerkte, dass sich in der Hosentasche, wo eigentlich seine Schlüssel hätten sein sollen, nur ein gebrauchtes Taschentuch befand. Er hatte womöglich seine Schlüssel bei der kleinen Verfolgungsjagd verloren. Und erneut stand David mitten in der Nacht da und wusste nicht, was er hätte tun sollen.

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