Auf gute Nachbarschaft Teil 2/2

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Starlight
Veröffentlicht: 01.10.2017 15:33
Aktualisiert: 01.10.2017 15:33
Kategorie: Dies & Das
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Text

Clementine werkelte, hämmerte, sägte und zimmerte die ganze nächste Woche an ihrem neuen Haus herum. Es machte ihr Spass und deshalb verliess sie ihr Haus auch kam. Auf die Idee, dass sie einen Nachbarn haben könnte, kam sie gar nicht erst. Dazu hatte das Haus neben ihr viel zu verwildert, zugewachsen und und ungepflegt ausgesehen. Wer würde schon so wohnen wollen?

Eines Morgens jedoch wurde Clementine von einem lauten Schrei geweckt. Sie war sofort hellwach. Wer hatte da geschrien? Sie lauschte, konnte jedoch nichts mehr hören. War das womöglich nur ein Traum gewesen? Gerade als sie sich wieder hinlegen wollte, hörte sie es erneut. Nein, das war kein Traum. Es klang, als ob jemand Schmerzen hätte. Clementine stürzte die Treppen hinunter und aus dem Haus. Wer war so früh am Morgen schon im Wald unterwegs? Sie blickte sich um. Weit und breit war niemand zu sehen. Dann wieder ein Schrei, diesmal leiser. Clementine war sich plötzlich sicher: Das kam aus dem Nachbarhaus. Sie rannte die Einfahrt hinauf und ignorierte dabei die Kieselsteine, die ihr in die nackten Fusssohlen stachen. Neben der Haustür stand ein Fenster offen. Ohne lange zu überlegen schwang sich Clementine über das Sims und damit direkt ins Haus.

 

Flo schrie. Er lag in der Küche am Boden und hielt sich den Knöchel. Bei jeder Bewegung zuckte der Schmerz durch seinen Fuss. Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, dass die junge Frau durchs Fenster gestiegen war und sich nun besorgt über ihn beugte.

 »Was ist passiert?«, fragte sie. Flo biss die Zähne zusammen. Zum ersten Mal in seinem Leben war er froh, dass jemand anderes da war und sich um ihn kümmerte. Vorsichtig verlagerte er sein Gewicht auf den Rücken.

 »Ich bin über die Kiste dort gestolpert und umgeknickt«, er schnaufte, »jetzt kann ich meinen Fuss nicht mehr bewegen«. Die Frau kniete sich hin und lupfte seinen Fuss vorsichtig an. Der Knöchel war schon blau geschwollen. Flo unterdrückte einen weiteren Schrei. Die Frau atmete tief durch.

 »Haben Sie einen Eimer?«, fragte sie. Flo nickte und zeigte in einen kleinen Nebenraum.

 »Unter der Treppe«, krächzte er. Die Frau stand auf und eilte hin. Sie füllte den Kessel mit Wasser und stellte ihn vor dem alten Mann ab. Dann half sie Flo, sich auf einen Stuhl zu setzen.

 »Halten Sie den Fuss da rein«, befahl sie. »Ich hole die Medikamente.«

 

 »Wer sind Sie eigentlich?«, fragte Flo, als die junge Frau konzentriert in ihrem Koffer wühlte und prüfend einige Tabletten begutachtete. Seinem Fuss ging es jetzt schon deutlich besser, die Abkühlung tat gut.

 »Oh.« Die Frau hielt überrascht inne und blickte hoch. Dann streckte sie die Hand aus.

 »Clementine. Ich heisse Clementine. Ich bin die neue Nachbarin. Und wer sind Sie?«

 »Flo«, sagte Flo und schluckte die Tabletten, die ihm Clementine verabreichte. Er wühlte in seiner Tasche und hielt Clementine einen halb zerdrückten Schokomuffin hin.

 »Na dann«, sagte er verlegen. »Auf gute Nachbarschaft.«

Kommentare

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Am 14.12.2018, Starlight
@tamara18

Danke :)
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Am 19.05.2018, tamara18
cool