Glasschloss

Cover
Leralya
Veröffentlicht: 15.03.2017 23:51
Aktualisiert: 03.05.2017 22:32
Kategorie: Dies & Das
Tags: Schloss, glas, Traum, Realität
Bewertung:
Deine Stimme wird abgegeben.
Bewertung: 4.5 von 5. 4 Stimme(n).
Klicke auf die Sterne, um den Text zu bewerten.
Kurzbeschrieb:
Hey, hier mal wieder ein Text von mir. Für die Klugen unter euch: Ja, es hat eine tiefere Bedeutung.

Text

Zuerst sah ich es. Ich erkannte nicht viel, eine grobe Oberfläche, ungefähre Umrisse.

Ich betrat es, versuchte die Geschichte des Schlosses zu erkennen, seine Ursprünge, dachte an mögliche Tragödien, die sich hier bereits abgespielt haben könnten. Vielleicht war jemand hier gestorben. Vielleicht hatte das Schloss einen Riss, der gefährlich einen Zusammenbruch androhte. Vielleicht gab es verschlossene Kammern, die noch unentdeckt waren, Kammern voller Geheimnisse. Welcher Schatz sich hier wohl verbarg? Ich mochte das Schloss, irgendwie war es sympathisch, es schien mich willkommen zu heissen. 

Doch für heute genug, ich konnte nicht die ganze Geschichte an einem Tag entdecken.

In der Nacht träumte ich von Sälen mit majestätischen Säulen und einer grossen Tanzfläche. Von einem hohen Turm, der die Dunkelheit überragte und eine Verbindung zum Licht herstellte. Ein wunderschönes Glasschloss, glänzend und alles Erdenkliche überragend. Ein Ort der Liebe, des Vertrauens, der ungebrochenen Schönheit.

Ich erzählte meinen Freunden von diesem traumhaften Schloss, sie alle wollten es sehen, wollten auch den Ort der unberührten Perfektion sehen. Ich beschloss es ihnen zu zeigen, den Schatz mit ihnen zu teilen.

Ich nahm sie dahin, zu dem gigantischen Gebilde aus Glas. Es sah noch schöner aus, als ich es in Erinnerung hatte, noch glänzender und bewundernswerter. 

Ungläubig betrachteten meine Freunde mich, ich nahm es als Bestätigung der unbegreiflichen Schönheit des Gebäudes. 

"Myrrh...", stotterte Nala. Sie konnte nicht mal mehr weitersprechen, sie war so überfordert. "Ja, ich weiss. Es ist wunderschön, nicht?" Ich strahlte, ich war endlich glücklich, etwas wirklich Tolles gefunden zu haben. 

"Myrrh... Das ist eine Ruine. Nichts mehr, nur der Rest einer alten Festung." Sie tippte gegen eine Glaswand, worauf sich Risse bildeten.

Ich wollte es nicht glauben, ich konnte es nicht. Es war doch da! Um mich herum war ein riesengrosses Glasschloss!

Die Risse breiteten sich aus, langsam schien der ganze Raum zu zersplittern. Mir traten Tränen in die Augen. Nein. Nicht schon wieder. Wieso musste ich immer alles kaputt gehen lassen? Der Turm fiel in sich zusammen und riss den Rest des Schlosses mit sich. Keine Verbindung mehr zum Licht. Schatten überall. Durch einen Tränenschleier erkannte ich die wahre Gestalt des Schlosses: Es waren eingefallene Steinmauern, die trostlos herumlagen. Nicht mehr als eine vernachlässigte Ruine. 

Wie hatte ich mich selbst nur so täuschen können? Wieso musste ich immer alles perfektionieren, nur um dann zu merken, dass es Risse hat, dass es nur eine Ruine dessen ist, was ich sehe? Wieso musste ich an meiner eigenen Fantasie zerbrechen? Wenn die Vorstellung so perfekt war, konnte die Realität mich ja nur enttäuschen.

Kommentare

Profilbild
Am 21.03.2017, Capsaicin
Einfach nur wunderbar. Du hast das Thema der subjektiven Konstruktion analogisch mit einem Schloss dargestellt. Ich kann jedes Wort fühlen mach weiter so :)
Profilbild
Am 16.03.2017, Secrecy1
Hallo Leralya,
ich finde das du sehr viel Schreibpotenzial hast, doch ich finde das Thema etwas speziel, vorallem den Schluss hättest du noch besser machen können! Kommt noch einen Teil 2? Und schreibe unbedingt weiter.
Ich selber kann aber nicht so gut Geschichten schreiben, also sollte ich gar nichts sagen;)
LG Secrecy1