Herbst-Tee
White Elephant |
Veröffentlicht: 11.10.2015 19:26 |
Aktualisiert: 11.10.2015 19:26 |
Kategorie: Dies & Das |
Tags: Herbsttage |
Halloween 2020
Bewertung: |
Kurzbeschrieb: |
Eine kurze Kurzgeschichte für einen Herbstmorgen wie jeder andere... |
Text
Erinnerungen, gescheiterte Pläne, farbige Träumer. Alles unausgegorene Skizzen geschützt durch Fleisch und Blut und gekleidet von Namen und Verhalten. Sie wirken unberührbar, körperlich und seelisch. Sie sehen die Welt hindurch denselben Augen, wie sie es vor vielen Jahren schon taten. Reden mit Mündern, die selbst die Menschen der Zukunft nicht kennen. Mit verbrannten Händen suchen sie den Schnee der schon lange geschmolzen ist. Jedes noch so schöne Wort gleicht einem Blatt, das niederfällt auf den Asphalt und mit einem Besen gefühlsroh in die Entwässerungsrinnen der Strassen gefegt wird. Mit dem Gesprächsstoff ist es dasselbe wie mit Steine hüpfen. So lange der Stein auf der Wasseroberfläche hüpft, klatscht man in die Hände, sobald er ertrinkt und in den tiefen verschwindet, so nimmt man den nächsten Stein.
Anzahl Menschen und Lautstärke waren und bleiben proportional zueinander. Das spürte Ida jetzt, da sie nicht einmal das Aufsteigen der Luftblasen im Aquarium als blubbern wahrnehmen konnte. Sie konnte nicht einmal Stimme zu Gesicht zuordnen. Konnte nicht den Worten durch ein Gespräch folgen, weder noch den Lippen. Alles war so nervös und stark.
Noch vor ein paar Minuten war sie praktisch allein im Coffee-shop, auf ihrem Stuhl und das einzige das stark war, war der Geruch nach Tee und Lavendel. Das Licht war warm und der Kontrast der Farben war weder zu stark noch zu schwach. Das rot der Jukebox machte hungrig nach Schokolade, das Pastellblau der Tische beruhigte die Augen und das frisch aus dem Ofen gekommene hellbraun der Gebäcke lies alle Worte verstummen und Ida’s Körper ein zuvor nicht dagewesenes Verlangen erspüren. Jede Buttercreme und jeder Zuckerguss war ein Faktor. Jeder weitere Blick der selbstvergessen die Ware beäugelte bewirkte dass aus Licht Glanz wurde. Noch vor ein paar Minuten hätte Ida diesen Herbsttag gefallen können. Doch als sich die leeren mit dunkel orangem Leder überzogenen Sitze füllten, wurden all diese Farben und leckeren Gebäcke so stark und intensiv das aus Glanz und Wärme, grelles Licht und aufgedrückte Freundlichkeit wurde. Wie als würde der wunderschönste Schmetterling sich zurück verwandeln in eine unvollkommene Raupe die alles weg frisst, so fühlte sich dieser normale Herbstmorgen an.
Ida rührte mit einem Löffel in ihrer Tasse den Tee. Denn für sie war dieser kleine Schmerz in ihr, wie das Fallen der Blätter und das Hüpfen der Steine auf einmal. Auch dieser hektische Herbstmorgen wird vorbeigehen und irgendwo hingehen wo alle anderen Tage hingehen. Wie die Menschen an den Schaufenstern dieses nun wirklich wundervollen Coffee-Shops.
Und Morgen würde Ida an denselben Punkt gelangen wie sie es heute und schon gestern tat. Erinnerungen, gescheiterte Pläne, farbige Träumer.
LG WE
vielen dank!
LG WE
Die Kombination deiner Wortwahl mit dieser sehr guten Beschreibung macht den Text zu etwas, wie soll ich sagen, besonderem. :) Man kann die Gerüche und die Umgebung selber gut wahr nehmen, als ob man selbst dort wäre.
Gefällt mir! :)
LG Nederlandfreak
LG WE