Die weissen Punkte meiner Träume

Asien, China, Japan, Californien, New York, Paris... Ich drehe meinen Globus langsam herum und lese dabei die verschiedesten Namen. Von den ganz Grossen zu den Kleinen, Unbekannten. Meine kleine Schwester betritt das Zimmer und setzt sich an ihr Klavier. Ich frage mich ob sie es manchmal nicht auch nervig findet, das wir uns das Zimmer teilen müssen. Gesagt habe ich jedoch noch nie etwas. Ja, wie sollte ich den ? Schliesslich kann ich nicht sprechen. Ja richtig gehört. Ich bin seit meinem 9. Lebensjahr stumm. Zu verdanken habe ich das einem schweren Unfall. Die Ärzte meinten ich könne froh sein das ich noch lebte, doch froh war ich ganz klar nicht. Der Unfall hat mir genommen was mir am wichtigsten war, mein Instrument zum Singen. Ich sang für mein Leben gerne. Es war das einzige was ich in meinem Leben wircklich mochte. Meine Familie war nicht besonders reich und meine Schwester May und ich bekamen dies oft zu Spüren. Sie besass zwar ein altes Klavier und ich nebst einem Globus dutzende Bücher, aber trotzdem merkte man uns unsere Geldnot an der viel zu kleinen Küche, den Matratzen ohne Betten und anderen renovierungsbedürftigen Möbeln an. Auf den Globus sind viele kleine Punkte getupft. Ja, das sind MEINE Punkte, meine Träume, mein Leben. Es sind verschiedenste Länder und Städte , die ich mal besuchen wollte. Ich beobachte meine Punkte, meine weissen Punkte jeden einzelnen Tag. Und wenn ich manchmal Bilder oder Texte von neuen Ländern endecke wird es ein Punkt mehr. Doch ich weiss das dass Unsinn ist, den von woher soll ich den das Geld herbekommen und was sollte ich, ein 15. Jähriges, stummes Mädchen in einer Grosstadt wie Los Angeles oder San Francisco. Und so blieb ich wieder einmal alleine mit meinen Träumen, meinen Tränen und meinen hoffnungslosen Wünschen an mein graues, Wortloses Leben

Darum sage ich euch : Wenn ihr Reisen könnt dann macht es. Wenn ihr nicht zu wenig Geld habt und auch nicht gerade 

stumm seit, dann geht. Es wird euer Leben verändern. Ihr werdet die Welt sehen, usere wunderschöne Welt. Oder wollt ihr sterben und euer ganzes Leben am gleichen Ort leben obwohl die Welt voller wunderbarer Länder wäre ? Macht was aus eurem Leben und schätzt die Gesundheit

Ausschnitt aus dem Tagebuch von Marilyn More. Sie schaffte es trotz ihrer Stummheit eine Stiftung für arme Kinder zu gründen die es ihnen ermöglichten zu Reisen. Sie lebte von 1938 bis 1992. In ihrem 54. Lebensjahr starb sie an Krebs. Sie reiste ihr Leben durch viel und lebte ihre Träume. Sie starb glücklich in den Händen ihr Globus mit den weissen Punkten, die alle daneben ein kleines Häckchen besassen und einem Lächeln im Gesicht.