ich hasse es.

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flyingaway
Veröffentlicht: 27.04.2014 13:24
Aktualisiert: 27.04.2014 19:44
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Ich hasse es

Vier Jahre. Schon so lange lebe ich hier, aber dennoch starren sie mich an. Diese schrägen Blicke. Als ob ich kein Mensch wäre. Paps hat mir von Anfang an gesagt, dass es schwer sein wird einen Anschluss zu finden. Wieso eigentlich? Weil ich ein wenig anders aussehe? Oder weil ich die Sprache noch nicht fehlerfrei spreche? Am liebsten würde ich sie das fragen, aber jedes Mal wenn ich den Mund öffne, grinsen diese Idioten behämmert über meine Aussprache. Ich hasse es.

An den ersten Tag an dieser fremden Schule erinnere ich mich gut. Ich fiel sofort auf. Andere Hautfarbe. Der erste Satz, den ich hier von denen zu hören bekam, lautete: „Was macht denn ein Weisser hier bei uns?! Will der uns alle versklaven oder was?!“ Gelächter von allen Seiten. Danach kamen immer wieder Sprüche wie: „Hältst dich wohl für was Besseres, was?! Geh doch wieder zurück zu deinen Bleichgesichtern!“

Nur weil ich weiss bin? Ich war wie ein Wurm im Apfel, wie ein Fehler im ganzen System. Aber was heisst hier schon „war“. Noch ist kein Unterschied da. Alles wie vor vier Jahren. Blicke wurden weniger. Der Abstand blieb. Ich hasse es.

Ich habe mir geschworen nie vor ihnen zu weinen. Nie schwach zu werden. Schwer ist es. All ihre Beleidigungen stumm ertragen und dabei so tun als ob es einem gleichgültig wäre. Oder täglich in Angst leben, dass sie einen wieder so stark verprügeln werden. So schlimm dass man sich erst am nächsten Tag im weissen Krankenhausbett wiederfindet. Das dritte Mal in vier Jahren. Man fühlt sich unnötig. Verlassen. Ich hasse es.

Wie ist es nur so weit gekommen? So weit… Mein Leben verabscheut mich. Wie in diesen erbärmlichen Filmen, in denen die Hauptperson ein trauriges und völlig ungerechtes Leben führt und plötzlich auf eine unglaubliche Person trifft, die alles verändert. Eine Person die das Leben wieder wertvoll macht. Wo ist diese Person für mich? Ich habe keine Lust mehr zu warten. Keine Kraft mehr zu hoffen, dass alles wieder gut wird. Ich bin fertig mit dieser Welt.

Ich weiss letzte Worte sollten eigentlich etwas anders klingen, aber ich hoffe du verstehst wie schlimm dieses Leben für mich ist. Seit vier Jahren wohne ich hier. Drei Mal wurde ich krankenhausreif verprügelt. Ich wurde sogar angezeigt, weil ich durch meine Hautfarbe einige Einkäufer „abgewimmelt“ hätte. Nur weil ich weiss bin?! Du  warst gut zu mir. Wirklich. Aber manchmal ist der Hass zum Leben einfach stärker als die Liebe. Es tut mir leid.

Langsam legt Eric den Brief auf den Tisch. Tränen füllen seine Augen. Er ist bereit. Bereit zu gehen und diese Realität hinter sich zu lassen.

Kommentare

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Am 27.04.2014, flyingaway
Vielen vielen Dank! Es freut mich sehr dass es dir so gut gefällt:)) Ich werde mir deine Kritik zu Herzen nehmen und freue mich enorm über diese positive Kritik!! :D
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Am 27.04.2014, Jane-Doe
Wow!
Der Text ist hammer gut! :D
Du hast einen riesigen Wortschatz, was man in deinem Text hier gut erkennen kann.
Wirklich gut geschrieben.
Deine kurzen Stätze gefallen mir sehr. Sie vereinfachen das Lesen enorm.
Kann nur sagen: WIRKLICH; WIRKLICH GUT! WEITER SO!!!

Nu nur einen kleinen Tipp: Ganz am Schluss "Glasige Augen", das tönt etwas abgehackt. Ich würde diesen Satzt nocheinemal überarbeiten und etwas genauer ausschmücken. (z.B: "Seine Augen werden Glasig" oder "Tränen füllen seine Augen"