Sein einzigartiges Lächeln

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Nica
Veröffentlicht: 15.04.2014 19:39
Aktualisiert: 15.04.2014 19:41
Kategorie: Dies & Das
Tags: Lächeln, Liebe, Unfall, Tod
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Kurzbeschrieb:
Wie ein Lächeln den Tod überdauern kann

Die Story ist bereits etwas älter, doch ich finde, sie ist es wert, gelesen zu werden

Text

Vor einiger Zeit ist etwas passiert, das mich verändert hat. Und nicht nur mich. Schuld daran ist er – und sein einzigartiges Lächeln.

Ich war auf dem Heimweg von der Schule, als ein Krankenwagen mich überholte. Ich dachte mir nichts dabei. Da ich jeden Tag mit dem Fahrrad durch die ganze Stadt fahren musste und dabei auch am Krankenhaus vorbeikam, waren Krankenwagen für mich nichts Aussergewöhnliches. Tatsächlich nahm ich ihn erst bewusst war, als ich ihn wenige Minuten später wieder sah – vor dem Haus eines Freundes. Na ja, Freund ist vielleicht der falsche Ausdruck, Schulkamerad trifft es besser. Sascha war seit drei Tagen nicht mehr in der Schule gewesen, war angesichts der Grippewelle nicht überraschend war. Als ich jedoch den Krankenwagen sah, machte ich mir für einen Moment schreckliche Sorgen. War es vielleicht doch etwas Ernstes? Doch dann schalt ich mich. Ich hatte eine selbst für mich zu lebhafte Fantasie. Im selben Blockhaus wie Sascha und seine Mutter wohnten auch einige ältere Leute, sicherlich wollten die Sanitäter zu ihnen.
Ich fuhr vorbei, ohne anzuhalten. Tatsächlich hatte ich das Ganze vergessen, bis ich zuhause ankam.

Doch bereits als Raffaela, meine 12-jährige Schwester, erzählte, wie viele ihrer Klassenkameraden krank seine, und die 10-jährige Hannah sie zu übertrumpfen suchte, fiel mir die Geschichte wieder ein. Obwohl ich erneut versuchte, das Ganze abzutun, blieb die Unruhe und liess mich nur schlecht einschlafen. Ich will jedoch nicht behaupten, ich hätte in der folgenden Nacht Albträume gehabt, mein Schwarm – denn das war Sascha – liege im Krankenhaus. Und wie sagt man: der Schlaf löscht alle Erinnerungen. Zumindest bei mir traf das zu. Das wage Gefühl der Unruhe, welches nicht verschwunden war, konnte ich nirgendwo zuordnen, und so versuchte ich tunlichst, es zu ignorieren.

In der Schule fand ich den Grund für meine Unruhe wieder. In der ersten Stunde – Mathematik – trat unsere Klassenlehrerin vor die Klasse und erzählte uns, einer unserer Klassenkameraden sei schwer gestürzt und liege im Krankenhaus. Natürlich bestürmten alle sie mit Fragen, doch Frau Young wusste auch nicht mehr über Saschas Zustand als wir anderen – nämlich nichts. Frau Young hatte eine Gute-Besserung-Karte gekauft und die ganze Klasse unterschrieb. Ich erbot mich, sie auf dem Heimweg vorbeizubringen.

Als ich am späteren Nachmittag vor Saschas Zimmer stand und durch das Glasfenster Saschas Mutter und seinen Bruder sah, wäre ich am liebsten einfach abgehauen. Doch ich klopfte und trat ein. Die zwei schauten auf. Die Augen der Mutter waren gerötet, und Joris, der ältere Bruder, wischte sich unauffällig, aber nicht unauffällig genug, eine Träne aus dem Augenwinkel. Komm rein, sagte er mit rauer Stimme. Ich streckte ihnen die Gute-Besserung-Karte entgegen. Sie ist von der ganzen Klasse, sagte ich, alle haben unterschrieben. Joris nahm sie entgegen und nickte.
Wie geht es ihm, fragte ich schüchtern. Sascha war an ein Atemgerät angeschlossen und seine Haut war dort, wo sie nicht von Blutergüssen oder Verband bedeckt war, schneeweiss.
Joris‘ Augen begannen wieder zu glänzen. Nicht gut, antwortete er, die Ärzte machen uns keine Hoffnung. Selbst mit künstlicher Ernährung und Beatmung werden sie ihn nicht mehr lange am Leben erhalten können. Die inneren Wunden sind zu schlimm. Er wischte sich über die Augen. Dieser Idiot, brach es aus ihm heraus, er wollte nur kurz die Zeitung von unten holen. Und dann ist er die Treppe heruntergestürzt, mindestens 20 Stufen. Verdammt! Wütend über die Unfähigkeit, dem kleinen Bruder zu helfen, schlug Joris mit der Faust auf den Oberschenkel.
Ich blieb noch einige Minuten und sprach in Gedanken mit dem Bewusstlosen, dann liess ich die kleine Familie wieder allein.

Ich habe am Anfang nicht die ganze Wahrheit geschrieben. Er war nicht einfach ein Schulkamerad oder Schwarm. In den letzten Wochen waren wir uns näher gekommen, immer wieder hatte er mir zugelächelt mit seinem einzigartigen Lächeln.

Fünf Tage später erhielten wir die Nachricht, dass Sascha gestorben war, ohne noch einmal das Bewusstsein erlangt zu haben. Ich musste an seine Mutter und seinen Bruder denken. Bereits im Krankenhaus hatten sie gewusst, wie es enden würde. Und sie hatten ihn nicht alleine gelassen.

Auch heute, mehrere Monate später, denke ich noch oft an Sascha. Das Leben geht weiter, ich weiss, und ich habe nicht vor, in der Vergangenheit und im Tod bei Sascha zu bleiben. Doch manchmal spüre ich auf mir sein einzigartiges Lächeln.

Kommentare

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Am 16.04.2014, *Bella*
Hi Nica!
Ich bin auch der Meinung, dass dir derText sehr gut gelungen ist, ich habe aber einen Rechtschreibfehler gefunden! :) haha!
Nein, wirklich sehr schön geschrieben.
<3 *Bella* <3
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Am 15.04.2014, Nica
Nein, der Text ist mehr oder weniger frei erfunden. Ich war tatsächlich auf dem Heimweg und habe mich gefragt, was wäre, wenn jetzt eine Ambulanz vorbeifahren würde, was wäre, wenn ich den/die Verletzte kennen würde usw.
Es hat sich alles nur in meiner Fantasie abgespielt
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Am 15.04.2014, I love Stories
Wow!!! Super Text!! Aber eine Frage: Ist das eine wahre Geschichte?
Gruss I love Stories