Über den Wolken

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Kaloumi
Veröffentlicht: 20.09.2012 22:58
Aktualisiert: 20.09.2012 23:30
7. Platz Schreibwettbewerb Kanton Solothurn 2012
Thema: "I have a dream - den Platz, den ich mir wünsche"
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Text

Mit ausgebreiteten Armen stehe ich da. Den Blick gegen die Sonne gerichtet, die mir noch einmal mit ihren Strahlen sanft über das Gesicht streicht. Unter meinen Füssen spüre ich das feuchte Gras. Die Erde scheint zu pulsieren. Ich höre das betörende Rauschen der Blätter, die mir zum Abschied zu winken. Die Luft schmeckt süsslich, nach Harz und nach Wildnis. Mein Herz flattert wie ein eingesperrter Vogel gegen meinen Brustkorb. Ein letztes Mal drehe ich mich um, hinter mir liegt der Wald, die Felder und zu hinterst kann man sogar noch ein paar Häuser erahnen. Doch ich bin weit weg, stehe hier auf diesem Hügel, wissend,dass es gleich soweit ist. Noch einmal fülle ich meine Lungen, mit der zu flimmern scheinenden Luft. Und da, mit der nächsten Windböe geschieht es. Ich hebe ab. Meine Füsse entfernen sich immer weiter vom sicheren Boden. Höher und höher steige ich empor, lasse mich vom Wind treiben, als wäre ich ein Papierdrachen. Als ich hinunter schaue, sind Häuser und Wald  nur noch winzige Punkte. Ich fliege! Ich fliege tatsächlich! Ich könnte schreien vor Glück und zum ersten Mal in meinem Leben tu ich es auch. Ich schreie und lache so laut und so lange bis meine Kehle brennt. Niemand kann mich hören. Nein! Niemand ahnt etwas von meinem Ausflug, denn dieser Ort gehört nur mir. An diesem Ort ist alles möglich. Gegen Abend lege ich mich in eine der herrlich weissen Wolken und beobachte, wie der Mond neben mir aufgeht. Ich weiss nicht was heller ist, das unglaubliche Funkeln der Sterne oder das Meer der vielen kleine elektrischen Lichter,dass sich wie ein Band über die Erde zieht. Die Nacht ist kühl, doch eingekuschelt in meiner flauschigen Wolke, kann mir selbst das nichts anhaben. Mit dem ersten Sonnenstrahl erwache auch ich. Er ist heiss, so heiss dass er meine Wolke zu versengen droht. Schnell mache ich mich wieder auf Richtung Erde, sause immer schneller, bis ich ausser dem kribbeligen Gefühl in meinem Bauch nichts mehr wahrnehme. In diesem Moment fühle ich mich schwerelos, schwerelos und frei. Wo ich auch hinblicke, nirgendwo ist ein Ende in Sicht. Auch wenn ich ein Leben lang fliegen würde, würde ich dennoch niemals eine Mauer finden. Von hier sieht alles so friedlich aus. Der Wald und das Dorf scheinen immer noch tief im Schlaf versunken zu sein. Weisser Nebel steigt zwischen den Bäumen hervor. Ich gleite gefährlich nahe an den Baumkronen entlang, sehe die glänzenden Tautropfen, welche die Blätter wie Perlen schmücken. Das sanfte Vogelgezwitscher durchbricht die Stille. Wie sehr ich diesen Klang vermisst habe. Behutsam setzen meine Füsse wieder auf dem Boden auf. Ein Kieselstein bohrt sich in meine Ferse. Ich bin wieder zurück, wieder zu Hause. Ich öffne meine Augen und schlage die Decke zurück. Sie fühlt sich so lächerlich wirklich an. Wo ist dieser Ort? Es gibt ihn, aber es gibt ihn auch nicht. Es ist ein Ort, wo niemand hin kann, ausser mir. Ein Ort den mir niemand nehmen kann. Ein Ort in meinem Kopf. Ein Ort in meinem Herzen.

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