Der Platz, den ich mir wünsche

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Darvey
Veröffentlicht: 19.09.2012 21:59
Aktualisiert: 29.09.2012 00:48
3. Platz Schreibwettbewerb Kanton Solothurn 2012
Thema: "I have a dream - den Platz, den ich mir wünsche"
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Es ist warm, doch ich fühle nichts. Die Sonne scheint grell, doch es blendet mich nicht. Der Wind streift durch mein Haar, doch es ist mir egal.

Tagtäglich bin ich von Stress umgeben, immerzu verlangt jemand etwas von mir und schon im nächsten Augenblick könnte sich mein Leben durch eine Entscheidung für immer verändern. Niemand versteht mich, doch viele meinen es zu wissen. Sie wollen mich zu etwas machen, das ihren Gunsten dient. Doch ob ich dies will, interessiert niemanden. Wenn ich aus allem aussteigen würde, wäre ich ein Aussenseiter, ein Verlierer. Auch wenn ich das schönste Leben hätte, würde ich nicht respektiert werden. Ich hab ja keinen Job, keine Zukunft, ich habe und ich bin nichts. Natürlich weiss ich, dass man nicht einfach nichts machen kann. Das wäre ja auch langweilig. Aber ich verstehe nicht, wie ich glücklich an das Ziel gelangen sollte, wenn mich der Weg dorthin beinahe zerstört.

Dieser Stress - dieser Druck - er kommt und geht nicht einfach, er hockt einem immer im Nacken. Vielleicht verschwindet er während den Ferien für einige Wochen. Doch schon im nächsten Augenblick kann er mit voller Kraft zurückkehren. Falls es dann mal zuviel wird, hat niemand Verständnis. Es braucht zuerst ein Gutachten eines Arztes. Und auch dann ist man nur einer unter vielen, der es nicht gepackt hat. Schliesslich heisst es noch, man solle sich mehr anstrengen und sich in den Arsch klemmen. Doch dass all dies, was ich hier geschrieben habe, überhaupt nichts mit Intelligenz zu tun hatte, bemerkte niemand. Wenn man sich dann noch zuviel Gedanken über Gott und die Welt macht, kann einem ziemlich schnell übel werden. Da frage ich mich, ob es wirklich keinen Ausgang aus alledem gibt? Oh doch, es gibt einen...

Ich weiss nicht, ob es Schnee oder Sand ist, auf dem ich stehe, denn ich spüre meine Füsse nicht. Jedenfalls scheint mir weiterhin die Sonne ins Gesicht. Allerdings sind diese zwei Aspekte komplett unwichtig, was hat der Schnee, der Sand oder die Sonne mit meinem Platz zu tun, den ich mir herzlichst wünsche? Nur weil die Sonne scheint, heisst das nicht, dass ich glücklich sein kann.

Hinter mir vernehme ich klassische Musik, warum, weiss ich nicht. Eigentlich hörte ich nie besonders gerne solche Musik, doch es gibt mir ein bestimmtes Gefühl. Plötzlich werde ich aus meinen Gedanken gerissen, weil ich ein leises Miauen höre. Zuerst denke ich, es sei eine meiner zwei Katzen. Doch es ist keine von diesen zweien. Nein,  es ist mein vor einigen Jahren verstorbener Kater, mit dem ich  aufgewachsen bin. Warum ist der denn hier? Ich hebe ihn in die Höhe und kraule ihn, so wie er es immer noch mag und schaue die Berge hinab. Also doch, es ist Schnee. Warum fällt mir dies erst jetzt auf? Alles scheint neu für mich. Als hätte ich einen neuen Level erreicht.

An meinem schönsten Platz scheint alles möglich zu sein. Doch ich glaube nicht wirklich daran, denn irgendetwas kommt mir seltsam vor. Doch es will mir nicht einfallen. 

Warum konnte ich, als ich diesen Ort erreichte, eigentlich nicht vom Berg hinunter sehen und das Tal erblicken? Schon wieder denke ich zu viel nach.

Der Anblick des Gebirges und der untenstehenden Täler ist gewaltig. Ich habe nicht gezählt, wie viele Stunden ich hier bereits stehe. Allerdings kann es noch nicht lange sein, da ich keinen Hunger und keinen Durst verspüre. Ein wunderschönes Gefühl. In der Ferne höre ich Rufe. Doch ich will mich noch nicht erkundigen, von wem diese Rufe stammen. Ich geniesse nur den Augenblick. Denn zum allerersten Mal kann ich wirklich sorgenfrei leben.

Auch wenn mir meine Eltern und meine Freunde fehlen, möchte ich, dass dieser Moment nie aufhört. Es ist das wahre Gefühl der Heimat. Ich bin angekommen. Und nun erkenne ich auch endlich, wo ich angekommen bin. Ich kann mich erinnern. Also habe ich es wirklich geschafft. Obwohl viele Leute sagten, es werde anders sein und mich damit verunsichern wollten. Obwohl sich nun viele fragen, warum ich es nicht gepackt habe, weiss ich doch, dass ich das einzig Richtige getan habe. 

Fast am Anfang fragte ich, ob es einen Ausweg aus alledem geben würde. Und es ist nicht einfach ein Platz, an den man sich zurückziehen kann. Um dort hinzukommen, muss man vieles, ja, fast alles, aufgeben. Also doch, es gibt einen Ausweg...

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