Ein Kind lächelt mich strahlend an. Es möchte stehen bleiben und mich streicheln, doch es wird von seinen Eltern weggezogen, welches es an der Hand halten. Enttäuscht gucke ich ihnen nach. Wie gern ich doch auch zu dieser glücklichen Familie gehört hätte! Mein Blick richtet sich auf einen älteren Herrn mit seinem Dackel. Währendem der ältere Herr seinen Hund vor dem Supermarkt anbindet, schaut dieser mich hochnäsig an. Wie kann dieser Hund mich nur so arrogant ansehen, obwohl er nur halb so klein ist wie ich?
«Bis gleich, mein Lieber!», flüstert der Mann ihm zu, tätschelt liebevoll den kleinen Kopf und verschwindet dann in den Supermarkt. «Was glotzt du so, du blöder Streuner?», bellt mich der Kleine zickig an und würdigt mich dann keines Blickes mehr. Das verschlägt mir gleich das Bellen. Mein grösster Wunsch ist doch nur, auch so einen wunderbaren Freund an meiner Seite zu haben. Kurze Zeit später läuft der ältere Herr mit seinen Einkäufen auf den Dackel zu und nimmt ihn wieder an die Leine. Während der Dackel immer noch stolz wegsieht, schaut mich der ältere Herr barmherzig an.
<strong>Wie geht es weiter? Du entscheidest selbst. </strong>
[[Er spricht mit mir | Geschichte B]]
[[Sie gehen weg | Geschichte C]]
Mit etwas Mut gebe ich mir einen Ruck und stehe auf. Ich glaube, ich würde mich bei dem älteren Herrn wohlfühlen. Leicht schmiege ich mich an sein Bein und versuche, den bösen Blick des Dackels zu ignorieren. «Ich freue mich, dass du mit uns mitgehst. Es ist nicht weit», meint der gutmütige Mann und spaziert los. Zufrieden begleite ich die beiden, halte jedoch genug Abstand zum kleinen, aber immer noch ziemlich verärgerten Dackel.
Es ist wirklich nicht weit. Schon nach zwei Strassenkreuzungen biegen wir rechts ab und bleiben vor dem vierten Haus stehen. Es ist ein schmales, aber hohes Gebäude, gelb gestrichen und mit alten, aber noch nicht verlotterten Rollladen und einer bordeauxroten Tür. Darauf ist eine grosse, goldene 18 befestigt. Der ältere Herr kramt aus seiner Tasche den Hausschlüssel. Kaum hat er die Tür geöffnet, stürzt der Dackel hinein. Ungebremst rennt er die Treppe nach oben, während er die Leine hinter sich herzieht.
Etwas skeptisch luge ich durch den Gang ins Wohnzimmer. Es hängen Bilder von glücklichen Menschen und Dackeln an der Wand, von kleinen Kindern und Bergen. Es riecht gut, nach bunten Blumen und Hundefutter. Geduldig wartet der ältere Herr, bis ich ins Wohnzimmer tapse, und zeigt mir dann den Weg ins Badezimmer. «Na komm, sei nicht so schüchtern. Glaub mir, sauber fühlst du dich gleich viel wohler!», muntert er mich auf und hebt mich in die Badewanne. Im Augenwinkel kann ich den Dackel sehen, der alles kritisch beobachtet. Es fühlt sich gut an, gewaschen zu werden. Das warme Wasser saugt sich in mein Fell. Es ist ganz anders als Regen oder ein Sprung in den See. Glücklich schüttle ich mein Fell und strecke mich. Der ältere Herr lächelt und trocknet mich zuerst mit einem Tuch, dann mit einem Föhn. Später bringt er mir etwas Futter und ich mache es mir nach dem Essen vor dem Sofa gemütlich. So gut hatte ich es schon lange nicht mehr.
Da stellt sich der Dackel vor mich hin. Wir sind nun auf Augenhöhe. «Ich mag dich nicht», knurrt er, «wenn du versuchst, mein Herrchen wegzunehmen, werde ich richtig wütend! Am besten du lässt es gar nicht so weit kommen und verschwindest!»
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[[Bleiben? |Geschichte G]]
[[Fliehen, verschwinden |Geschichte I]]
Ich muss weg von hier. Auf zum See! Hier kann ich mich waschen und komme hoffentlich auf bessere Gedanken. Ich mache mich auf den Weg und marschiere durch die Parkplätze. Hier und da parkt ein Auto ein oder es fährt eines weg. Ich muss gut aufpassen und hoffe, dass mich die Autofahrer nicht übersehen. Am Ende des Parkplatzes gelange ich zum Fussgängerstreifen, wo ich warte, bis die Autos anhalten. Die Autofahrer beachten mich jedoch gar nicht. Erst als ein Mensch an den Fussgänger herantritt, stoppen die Autos. Schnell husche ich auch über die Strasse.
Auf der anderen Strassenseite kann ich schon den See erahnen. Ich stürme durch den Park und suche dann am Seeufer einen Ort, wo ich mich ungestört baden kann. Hinter einer Hecke tapse ich schliesslich vorsichtig ins Wasser. Es ist angenehm frisch. Ich wage mich ein bisschen hinauszuschwimmen, bis ich merke, wie tief das Wasser ist. Da bekomme ich es mit der Angst zu tun und versuche schnellstmöglich wieder zurück an Land zu kommen.
Wieder am sicheren Ufer angekommen, muss ich erschrocken feststellen, dass ich nicht mehr alleine bin. Ein kleines Mädchen und ihre Mutter baden ihre Füsse im kühlen Nass. Vorsichtig schüttle ich mein Fell aus, um keinen schlechten Eindruck bei ihnen zu erwecken. Nach dem Bad fühle ich mich schon viel wohler und auch schöner. Dieses Gefühl gibt mir den Mut, mich den beiden Damen anzunähern. Die Mutter schaut mich vorsichtig an, während mich das Mädchen anstrahlt. Dieses Lächeln lässt auch mich strahlen.
«Mama, können wir diesen Hund mitnehmen?», fragt die Kleine und guckt ihre Mutter mit flehenden Kinderaugen an. Ich setze mich wacker neben sie und schaue die Mutter ebenfalls mit meinem besten Hundeblick an. Nach kurzem Bedenken gibt die Mutter nach und meint, dass sie eine Vermisstenanzeige für mich aufgeben möchte. Eine Vermisstenanzeige? Was ist denn das? Etwas Gutes? Oder etwas Schlechtes? Soll ich mit den beiden mitgehen oder doch besser vor der Vermisstenanzeige fliehen?
<strong>Wie geht es weiter? Du entscheidest selbst.</strong>
[[Mitgehen |Geschichte H]]
[[Fliehen |Geschichte I]]
Meine Entscheidung ist gefallen. Ich werde nirgendswo hingehen. Nein, ich bleibe genau hier, vor dem Supermarkt. Wer weiss, was heute sonst noch Spannendes passiert, und das will ich auf keinen Fall verpassen!
Nervös beobachte ich, wie die Menschen vorbeigehen. Was sie wohl Leckeres einkaufen? Mein Magen knurrt und mir fällt ein, dass ich schon lange nichts mehr Richtiges gegessen habe. Meiner Erfahrung nach geben die Menschen jedoch selten freiwillig etwas ab. Vor allem, wenn sie es sich schon auf ihrem Teller vorstellen. Aber ich habe einen tollen Trick und ab und zu funktioniert es. Doch meinen besonders süssen Hundeblick musste ich schon lange nicht mehr auspacken, da ich einen Freund beim Hot-Dog Stand habe, der mir ab und an einen heissen Hund abgibt. Vor allem ohne Brot schmeckt dieser vorzüglich. Leider ist dieser Freund mobil und er ist nur alle drei Tage nah genug. Und ich will schliesslich hier nichts verpassen, so kann ich es mir nicht leisten den weiten Weg zu ihm zu gehen.
Selbstbewusst setze ich mich vor die Scheibe. Diese ist leicht abgedunkelt, sodass ich mich im Spiegelbild erkennen kann. So lege ich meinen Kopf leicht schräg, klappe ein Ohr nach vorn ein und das andere aufrecht nach oben, lasse meine Zunge etwas aus meiner Schnauze hängen und sehe mit leicht gesenktem Kopf nach oben. Noch nicht zufrieden schüttle ich mich und versuche das Ganze nochmal. Auf die Ohren achten, die Zunge nicht zu sehr hängen lassen, nach oben blicken. Es will einfach nicht klappen! Was ist nur mit mir los? Früher hatte ich den Trick drauf, ohne mit der Wimper zu zucken. Und nun sehe ich nicht mal halbwegs süss aus. Nochmal versuche ich es.
Hinter mir lacht jemand laut. Erschrocken sehe ich mich um. Es hat mich eine junge Frau beobachtet und erwischt, wie ich geübt habe. Schnell versuche ich, meine Mühe umzusetzen und sehe sie bettelnd an. Sie lacht nochmal und greift in ihre Tasche. Erfreut belle ich kurz. Tatsächlich holt sie eine Salami heraus und wirft sie mir entgegen. Noch in der Luft fange ich sie auf und springe erneut hoch, um meine Freude zum Ausdruck zu bringen. Die junge Frau streichelt mich kurz und geht dann ihres Weges, während ich mich über das leckere Essen hermache.
Plötzlich spüre ich einen Wassertropfen auf meiner Nasenspitze. Oje, wird es regnen? Tatsächlich, nicht viel später spüre ich erneut einen Tropfen auf meiner Pfote und bald darauf noch einen auf meinem Ohr. Und dann noch viele mehr, sodass ich sie nicht mehr zählen kann. Es beginnt richtig aus Kübeln zu schütten. Soll ich irgendwo Schutz suchen? Oder zeigt jemand Erbarmen?
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[[Schutz suchen|Geschichte P]]
[[Jemand hat erbarmen|Geschichte J]]
«Hallo, du Grosser!», sagt der ältere Mann freundlich, «wem gehörst du denn?». Überrascht schaue ich auf. Etwas nervös beginne ich zu wedeln, in mir keimt eine kleine Hoffnung. Ist er das? Könnte das die Familie sein, für die ich bestimmt bin?
Er streichelt lieb meinen Kopf und schmunzelt: «Du bist ja ganz schmutzig. Möchtest du mit uns mitkommen? Ich werde dich waschen, föhnen und bürsten.» Die Verlockung ist gross. Noch nie hat mir jemand so viel Beachtung geschenkt, und es hat noch nie jemand gekümmert, wie mein Fell aussieht. Der Dackel bellt aufgebracht. Ihm scheint die Aufmerksamkeit, die ich bekomme, überhaupt nicht zu gefallen. Sogleich beginnt er entrüstet an der Leine zu ziehen.
«Was ist denn los, mein Kleiner? Wir haben doch keine Eile…». Der ältere Herr schaut mich wieder fürsorglich an, während der Dackel mich feindselig anstarrt. Er fletscht seine Zähne und knurrt leise. Etwas verunsichert mache ich einen Schritt zurück. Was soll ich tun?
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[[Mit dem älteren Mann mitgehen? | Geschichte D ]]
[[Zum See | Geschichte E ]]
[[Im Supermarkt bleiben | Geschichte F]]
Er greift in seine Jackentasche, bis ein Leckerli zum Vorschein kommt. Er legt das Leckerli seinem Dackel auf die Nase. Auf das Kommando des älteren Herren verschwindet die Leckerei im Mund des Dackels. Der Mann lächelt, zaubert ein zweites Leckerli hervor und wirft dieses mir zu.
Für einen winzigen Augenblick dachte ich, dieser Mann würde mir ein Zuhause geben. Wie schön es gewesen wäre, endlich einen fürsorglichen Menschen gefunden zu haben. Auch wenn ich ihn hätte teilen müssen. Doch der Dackel wirft mir noch einen verächtlichen Blick zu, bevor mein erhoffter Besitzer mit ihm wegspaziert.
Was mache ich denn nur falsch? Bin ich etwa kein liebenswürdiger Hund? Oder sehe ich so verwerflich aus? Hm, ein bisschen stinken tu’ ich vielleicht schon... Mein letztes Bad ist bereits eine Weile her. Ob ich mich kurz im See waschen gehen soll? Oder werde ich dann vielleicht hier beim Supermarkt etwas verpassen?
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[[See | Geschichte E ]]
[[Supermarkt | Geschichte F]]Nach den Worten des Dackels kann ich die wohlige Wärme gar nicht mehr richtig geniessen. Immer wieder geht mir die Drohung durch den Kopf. Was soll ich nur tun? Frustriert verstecke ich mich unter dem Tisch und rolle mich dort eingeschüchtert ein. Ich wünsche mir so sehr ein Zuhause und das wäre das perfekte. Aber ich habe auch keine Lust auf Ärger mit dem Dackel. Er ist zwar kleiner, aber er war zuerst hier und ich kann verstehen, wenn er sich ersetzt fühlt. Vielleicht kann ich mit ihm reden und wir könnten Freunde werden. Das wäre schön!
Ich nehme all meinen Mut zusammen und gehe auf den Dackel zu. Dieser schaut mich kritisch an, um mich danach zu ignorieren. Ich räuspere mich: «Ich will dir dein Zuhause nicht wegnehmen…» Der Dackel springt zornig auf und bellt: «Das hoffe ich wohl!» «Aber ich hätte so gern auch ein Zuhause… Hast du dich noch nie einsam gefühlt?» Es herrscht Stille. Ich meine schon, mein neu gefundenes Zuhause aufgeben zu müssen, als der Dackel murmelt: «Doch…. Auch ich war einmal auf der Strasse…»
Ich schaue ihn überrascht an. «Und ich will da nie wieder hin!», fügt er schnell hinzu. «Ich doch auch nicht. Können wir nicht beide hier wohnen? Als Freunde vielleicht?» Der Dackel schaut mich skeptisch an, gibt dann aber nach: «Okay, aber wehe dir, wenn du mir mein Zuhause wegnimmst!» «Ich verspreche dir, dass das nicht passieren wird.» Der Dackel nickt und meint: «Na dann, willkommen zu Hause!»
<sttrong>Ende!</strong>
Obwohl ich mir nicht sicher bin, was eine Vermisstenanzeige genau ist, bleibe ich. Die beiden scheinen nett zu sein und das ist die Hauptsache. Die Mutter packt schnell ihre Sachen zusammen und das kleine Mädchen lässt mich keine Sekunde aus den Augen. Als hätte sie Angst, dass ich weglaufen würde. Ich setze mich geduldig hin und sehe den beiden zu. Am liebsten würde ich sagen, dass sie nichts befürchten muss und ich gerne mit den beiden mitgehe. Doch sie würden aus meinem Bellen sowieso nicht schlau werden. Die Kleine lacht vor Freude, da ich ihren Rucksack zwischen meine Zähne genommen habe und ihn für sie trage. Sie springt auf und ab und auch ihre Mutter lächelt. Wir spazieren nicht weit, nur zurück zu den Parkplätzen. Ich habe eine Befürchtung.
Diese wird Realität, als die Mutter auf ihren Schlüssel drückt und direkt vor uns ein Auto zu leuchten anfängt und automatisch den Kofferraum öffnet. Ich staune, jedoch ist mir das Auto nicht geheuer. Muss ich da mitfahren? Das macht mir Angst, ich sass noch nie in einem Kofferraum. Die Mutter nimmt mir den Rucksack aus der Schnauze und legt ihn zu den anderen Taschen, die sie bereits verstaut hat. Daraufhin klopft sie mit ihrer Hand aufmunternd daneben. Zögerlich mache ich einen Schritt vorwärts. Was wenn ich da nicht hineinpasse?
Das kleine Mädchen hat nicht so lange Geduld. Sie packt meine Hinterbeine und versucht mich so in das Auto zu bringen. Vor lauter Schreck springe ich auf und hüpfe in den Kofferraum. So schwer war das gar nicht. Zufrieden grinst das Mädchen und steigt selbst auch in das Auto ein, während ihre Mutter die Türe zu macht. Ich setze mich hin. Wohl bei der ganzen Sache ist mir immer noch nicht.
Es ruckelt, piepst und schüttelt und schon sind wir auf der Hauptstrasse. Aus dem Fenster kann ich Häuser, Bäume und Menschen an uns vorbeiziehen sehen. Sogar am Supermarkt fahren wir vorbei. Um die Ecke kann ich einen guten Kumpel von mir erspähen. Er arbeitet an einem Hot-Dog Stand auf Rädern und hat mir ab und zu einen heissen Hund abgegeben. Doch jetzt braucht er sein Essen nicht mehr mit mir zu teilen, da ich im Auto meiner neuen Familie sitze. Da fällt mir ein, was ist nochmal eine Vermisstenanzeige?
Das Auto stoppt in einem kleinen Quartier am Rand der Stadt. Gespannt schaue ich aus dem Kofferraum und als die Mutter den Deckel öffnet, springe ich vorfreudig hinaus. Wie wunderschön es hier ist! Unten an der Strasse spielen ein paar Kinder mit einem Fussball. Das kleine Mädchen steigt fröhlich aus dem Auto und packt mich am Ohr: «Komm, wir gehen mitspielen!». Etwas überrumpelt renne ich ihr hinterher.
Abends setze ich mich vor den Küchentisch. Die Mutter hat gekocht und auch ihr Ehemann ist nach Hause gekommen. Jedoch ist er überhaupt nicht erfreut über meine Anwesenheit. «Ich habe eine Vermisstenanzeige geschrieben und werde sie in der Stadt aufhängen. Der Hund bleibt nur kurz bei uns», höre ich die Frau zu ihrem Mann sagen. «Und wenn sich niemand meldet, können wir ihn dann behalten?», bettelt das kleine Mädchen. «Wir werden sehen…», meint ihr Vater, «lasst uns erst einmal essen.». Etwas beunruhigt mache ich es mir unter dem Tisch bequem und lausche den Gesprächen. Darf ich bei der Familie bleiben? Oder muss ich wieder weggehen? Das mit der Vermisstenanzeige habe ich in der Zwischenzeit verstanden. Wird sich jemand melden?
In Gedanken versunken schlafe ich ein.
<strong>Wie geht es weiter? Du entscheidest selbst.</strong>
[[Es meldet sich jemand|Geschichte K]]
[[Es meldet sich niemand|Geschichte L]]
Ich glaube, es ist besser, wenn ich gehe. Mein Bauchgefühl sorgt dafür, dass ich zur Strasse renne und von da aus immer weiter. Ich renne und renne, bis ich nicht mehr weiss, wo ich bin. Oje, jetzt wird es auch schon langsam dunkel. Wie soll ich denn bloss den Weg zurück zum Supermarkt finden? Ich gucke herum. Weit und breit sehe ich nur Häuser und deren dunkle Schatten. Es sieht furchtbar gespenstig aus.
Ein greller Schrei lässt mich aufhorchen. Was war das? Ob ich nachschauen soll? Oder ist das etwa zu gefährlich? Meine Neugier überkommt mich. Ich begebe mich auf die Suche nach dem Ursprung des Schreis. Nur wenig später höre ich weitere Schreie und Rufe aus derselben Richtung. Nach einen Hilferuf höre ich ein verächtlich böses Lachen. Hier scheint jemand in einer richtig misslichen Lage zu stecken. Ich beschleunige mein Tempo und renne schliesslich. Die Hilferufe führen mich direkt in eine abgelegene Seitengasse. Ich schleiche hinter einen Müllcontainer und bekomme mit, wie ein Mädchen von zwei kräftig gebauten Männern bedrängt wird. Erneut ruft sie um Hilfe. Doch niemand scheint in der Nähe zu sein. Niemand ausser ich.
Ich muss ihr helfen. Rasch hüpfe ich aus meinem Versteck hervor und stürme laut bellend auf die zwei Männer zu. Diese starren mich erschrocken an, was dem Mädchen die Möglichkeit gibt zu fliehen. Um den abscheulichen Missetätern noch mehr Angst einzujagen, fletsche ich verächtlich meine Zähne und mache mich sogar zum Sprung auf sie bereit. Die beiden vermeintlich starken Männer laufen aber glücklicherweise von mir davon wie zwei hilflose Angsthäschen. Ich bleibe noch eine Weile in meiner angsteinflössenden Position stehen, bevor ich beschliesse, dass nun keine Gefahr mehr besteht.
Plötzlich beginnt es aus heiterem Himmel zu regnen. Bei diesem Regen hätte ich ja zuvor gar kein Bad gebraucht. Ruck zuck bin ich pitschnass, währenddem ich aus der düsteren Seitengasse schlendere. Ich schnuppere am Boden und kann das Mädchen noch riechen. Ob ich ihr hinterherlaufen soll, um sicherzugehen, dass sie in Ordnung ist? Oder soll ich mich besser schlafen legen und morgen gucken, ob ich meinen Weg zum Supermarkt wiederfinde? Vielleicht finde ich dann ja endlich ein liebevolles Zuhause...
<strong>Wie geht es weiter? Du entscheidest selbst.</strong>
[[Geht Mädchen hinterher|Geschichte M]]
[[Versucht, Supermarkt wieder zu finden|Geschichte P]]
Früh morgens geht es los. Wir fahren mit dem Auto in die Stadt, und ich begleite das kleine Mädchen und ihre Mutter. Sie hängen überall Flyer von mir auf. An Bäumen, Strassenlaternen und Hydranten. Die Mutter gibt auch Zettel in den Geschäften ab, sodass sie diese an ihre Fenster hängen können. Schon bald ist die ganze Stadt voll mit Fotos von mir und das finde ich sehr merkwürdig. Egal wo ich hinschaue, überall sehe ich mich selbst. Gross und fett ist darunter auch eine Adresse und eine Telefonnummer aufgeschrieben.
Zurück zu Hause lege ich mich erschöpft auf den Teppich. Obwohl ich nicht viel helfen konnte, war die Aktion doch ermüdend. Ich möchte gern hierbleiben. Alle sind nett und fürsorglich und das kleine Mädchen mag mich so gern. Die Mutter gibt mir etwas Hundefutter, welches sie vorher in der Stadt gekauft hat, doch ich habe gar keinen Hunger. Trotzdem mache ich mich über das Essen her und lege mich dann satt wieder auf die gleiche Stelle. Es gefällt mir überhaupt nicht abzuwarten.
Am nächsten Morgen, direkt nach dem Frühstück, begleite ich das kleine Mädchen und ihre Mutter bei einem Spaziergang. Da sie keine Leine haben, renne ich wild über die Wiesen, wälze mich in dem hohen Gras und kehre ab und an zu den beiden zurück. Auf dem Heimweg klingelt plötzlich das Handy der Mutter und ich habe ein ungutes Gefühl. Wer ist wohl am anderen Ende? Ruft da jemand an, der mich haben möchte?
Zurück zu Hause setzen wir uns ins Wohnzimmer und die Mutter erklärt dem kleinen Mädchen alles. «Weisst du, Jelena, es ist nicht unser Hund und wenn er jemandem anderes gehört, können wir ihn nicht behalten.» Jelena nickt. «Sie würden den Hund auch schrecklich vermissen, wenn wir ihn nicht zurückgeben, das verstehst du doch, oder?», fragt die Mutter Jelena. Sie nickt traurig und die Frau fährt fort: «Ich weiss, du wünschst dir einen Hund, doch wir können ihn wirklich nicht behalten. Vorhin hat mich ein älterer Herr angerufen und er meinte, dass er sehr froh war, als er die Vermisstenanzeige gesehen hatte, da er den Hund kenne. Er hat ihn bestimmt sehr lieb und ich bin mir sicher, dass auch der Hund sich freut, wenn er wieder nach Hause darf.»
Eine dicke Träne rollt über die Wange des kleinen Mädchens. Ziemlich enttäuscht verschwindet sie in ihrem Zimmer und durch die Tür kann ich ihr Schluchzen hören. Deswegen setze ich mich davor, und als die Mutter die Tür einen Spalt breit öffnet, schlüpfe ich hinein und kuschle mich zu der Kleinen. Sie lächelt, doch sogleich weint sie nur noch stärker und drückt ihr Gesicht in mein Fell.
Bald schon klingelt es an der Haustür. Jelena presst sich an meinen Bauch und will mich nicht mehr loslassen. Da geht die Tür auf und ich staune. Den Mann kenne ich. Es ist der ältere Herr vom Supermarkt mit dem aufmüpfigen Dackel. Dieser schaut ebenfalls überrascht ins Zimmer. Sogleich ignoriert er mich. «Ja genau, das ist er!», meint der ältere Herr und die Frau lächelt zufrieden. Jelena blickt mit traurigen Augen auf. Sie versucht die Tränen zu verstecken, doch schon kullert wieder eine aus ihrem Auge.
«Warum bist du denn so traurig?» fragt der ältere Herr. «Ich möchte ihn so gern behalten! Ich habe ihn so lieb und ich will nicht mehr ohne ihn sein! Ausserdem wollte ich schon immer einen Hund haben und dieser hier wäre perfekt!», erklärt Jelena ohne Luft zu holen und drückt sich wieder an mich. Nachdenklich schaut der ältere Herr uns an. Er scheint zu überlegen und fragt dann die Mutter: «Wäre es euch denn möglich, einen Hund zu halten? Hätte er es hier bei euch gut?» Die Frau nickt. Es wäre für uns kein Problem, schliesslich wohnen wir am Stadtrand, es gibt viel Platz hier. Und für Jelena wäre es sicher auch gut, mit einem Hund aufzuwachsen, sodass sie lernt, Verantwortung zu übernehmen...» Jelena springt auf und fällt dem älteren Herrn um den Hals, ehe er noch was sagen konnte. «Danke, danke, danke», schreit sie überglücklich. Der ältere Herr lächelt.
Nach einem heissen Tee verabschiedet er sich und Jelena und ich spielen zusammen Verstecken. Ich bin überglücklich, dass ich endlich meine Familie gefunden habe!
<strong>Ende! </strong>
Früh morgens wache ich auf. Ich gähne und strecke mich. Da bemerke ich etwas Warmes auf meinem Bauch. Überrascht erkenne ich das kleine Mädchen. Sie schläft noch und ich bewege mich keinen Millimeter mehr, um sie nicht aufzuwecken.
«Jelena, wach auf. Was machst du denn? Du kannst doch nicht einfach unter dem Tisch schlafen!», ruft der Vater des kleinen Mädchens aus und weckt sie mit seinen lauten Worten. Sie blinzelt ihn an und kuschelt sich noch tiefer in mein Fell. «Hier ist es sehr bequem und das Fell des Hundes ist so flauschig!», nuschelt sie. Da hebt sie den Kopf. «Wie nennen wir ihn überhaupt, Papa?», will sie wissen und kriecht unter dem Tisch hervor. Erwartungsvoll sieht sie ihn an. «Der Hund braucht keinen Namen, da er nicht bei uns bleiben wird. Und nun ab mit dir, zieh dich an, damit du nachher mit deiner Mutter in die Stadt fahren kannst.» Enttäuscht schleicht Jelena in ihr Zimmer.
Der Mann sieht ihr nachdenklich hinterher und sieht mich dann lange an. Entschlossen holt er einen Suppenteller, füllt ihn mit etwas Fleisch und stellt ihn mir hin. Freudig mache ich mich über den Leckerbissen her. Schon bald kehrt das Mädchen zurück und ruft mich zu ihr. Sie öffnet die Haustür und wir spazieren hinaus. Die Mutter drückt auf den Autoschlüssel und von allein geht die Kofferraumtür auf. Ohne Angst springe ich hinein.
In der Stadt angekommen spazieren wir von Strasse zu Strasse und Jelena und ihre Mutter verteilen Flyer an Strassenlaternen, Hydranten oder bringen sie in die Geschäfte, damit diese sie an ihre Fenster hängen können. Schon bald hängt überall mein Foto. Das ist merkwürdig, egal wohin ich schaue, überall sehe ich mich selbst.
Die Tage vergehen wie im Flug. Oft spiele ich draussen mit Jelena Fussball oder Verstecken. Wenn wir nur zu zweit sind, spielen wir Fangen und wenn es regnet machen wir es uns in ihrem Zimmer gemütlich und ich sehe ihr zu, wie sie malt oder etwas bastelt. Ich habe sie sehr gern gewonnen und fühle mich bei der Familie sehr wohl.
Doch eines Abends kommt das Thema Vermisstenanzeige wieder auf den Tisch. Schnell bemerke ich die etwas angespannte Stimmung. «Jelena, geh bitte in dein Zimmer», meint ihr Vater und seufzend geht das Mädchen davon. Ich bleibe, schliesslich geht es um mich. «Wie schon gesagt, es hat sich niemand gemeldet… Was sollen wir nun tun?», eröffnet der Mann die Diskussion. «Ich weiss es nicht. Es wäre noch eine Option, den Hund in ein Tierheim zu bringen. Es gibt eines ganz in der Nähe und sie haben bestimmt noch einen Platz frei», schlägt die Frau vor. Die beiden denken darüber nach und schon bald bringt der Mann ein: «Hast du gesehen, wie Jelena aufgeblüht ist, seit wir den Hund bei uns haben? Sie strahlt immer, wenn sie spielen. Sie sind ein gutes Team. Ausserdem habe ich sie am ersten Morgen schlafend unter dem Tisch gefunden, zufrieden an den Hund gekuschelt…» «Ja, das ist mir auch aufgefallen! Ich denke, Jelena würde so auch lernen, Verantwortung zu übernehmen. Da sich bis jetzt niemand gemeldet hat, können wir ihn sicher mit gutem Gewissen behalten.»
Total erfreut fällt mir Jelena um den Hals, als sie von den guten Nachrichten hört. Sie schüttelt mich und lässt mich gar nicht mehr los. Ich freue mich auch riesig. Ich habe endlich eine Familie gefunden, zu der ich passe und die mich auch gerne hat. Zum Glück hat sich das Schicksal zum Guten gewendet. Jelena lacht glücklich und auch ihre Eltern schauen sich zufrieden an. «Wer hat Lust auf einen Ausflug an den See?» fragt die Mutter und alle stimmen begeistert zu.
<strong>Ende!</strong>
Der Gedanke, dass es dem Mädchen nicht gut gehen könnte, lässt mich nicht mehr in Ruhe. Also mache ich mich auf den Weg und lasse mich von meiner schnuppernden Nase führen. Die Spur führt mich zu der Eingangstüre eines Hauses, welches nicht weit weg vom Ort des Geschehens liegt. Wahrscheinlich liegt sie nun eingekuschelt in ihrem Bett und hat mich schon längst vergessen.
Trotzdem möchte ich sichergehen, dass es ihr gut geht. Und um einfach weiterzugehen, ist es nun sowieso schon sehr spät. Die Nacht hat inzwischen die ganze Stadt in ihre Dunkelheit eingehüllt. Ich beschliesse, hier auf das Mädchen zu warten, und rolle mich vor der Eingangstüre ein.
«Was hat dieser beschissene Köter denn hier zu suchen?! Weg mit dir! Hau ab!», krächzt eine verbitterte Frauenstimme. Ich öffne meine Augen und sehe, wie eine ältere Frau mit einem Besen auf mich zuschnellt. Schnell hüpfe ich auf und versuche mich irgendwo zu verstecken. Ich befinde mich in einem Garten, und durch die Flucht reisse ich ausversehen sämtliche Gartenzwerge um. Die Frau wird noch wütender und ich suche nach einem Ausweg. Wie bin ich denn bloss in den Garten rein gekommen...? Rund herum sind dichte Hecken, welche mir den Weg versperren. Den einzigen Weg, der wahrscheinlich aus diesem Garten führen würde, versperrt diese Frau. Sie schaut mich so entsetzt an, als ob ich das Widerwärtigste wäre, dass sie je gesehen hat. Dies macht mir Angst und stimmt mich traurig. Ich wollte doch niemandem etwas zuleide tun. Ich hatte nur helfen wollen.
Die Frau beginnt erneut zu brüllen, als ich eine bekannte Stimme höre. «Was ist denn los, Oma?», möchte eine zarte Stimme wissen. «Dieser Köter hier! Verschwinden soll der! Weg mit ihm!», schreit die ältere Frau. «Weg, weg, weg!» «Ein Hund?», fragt die zarte Stimme, welche sich im Haus verbirgt, «Ist das etwa der Hund, der mich letzte Nacht gerettet hat?»
Das Mädchen, welchem ich gestern geholfen habe, stürmt heraus, sieht mich und stellt sich beschützend vor mich. «Der Hund bleibt da», sagt sie nun mit bestimmter Stimme und meint zu mir: «Und etwas zum Fressen hast du dir ganz bestimmt verdient.» Mein Magen knurrt bestätigend, zumal ich tatsächlich schon ein Weilchen nichts mehr gegessen hatte. Dankend schmiege ich mich an das Bein des Mädchens. «Der Hund bleibt aber draussen», bestimmt die ältere Frau, welche immer noch nicht so begeistert von mir zu sein scheint. Zumal sie mich nicht mehr anschreit, bleibe ich dicht neben dem Mädchen. Die ältere Frau bringt mir etwas Fleisch in den Garten. Als ich es so anständig wie möglich verschlinge, sehe ich sogar, wie die ältere Frau etwas schmunzelt.
«Darf er bleiben?», schaut das Mädchen ihre Oma bittend an. Sobald ich aufgegessen habe, helfe ich dem Mädchen mit meinem besten Hundeblick, bis die ältere Frau schliesslich nachgibt: «Aber der Hund bleibt im Garten.»
<atrong>Ende!</strong>
Es ist schon die halbe Nacht vergangen und es regnet immer noch. Ununterbrochen. In der Zwischenzeit bin ich völlig durchnässt und leicht ratlos, wo ich noch hinsoll. An den verschiedensten Orten habe ich schon versucht Schutz zu finden, doch ohne Erfolg. An den meisten geschützten Orten wurde ich wieder weggescheucht, andere haben sich als nicht so toll erwiesen, wie ich zuerst dachte. Langsam reisst mir der Geduldsfaden. Ich biege in eine hell beleuchtete Strasse ab. Links und rechts stehen parkende Autos, doch die bieten auch nicht genug Schutz. Die Strasse ist leicht schräg abfallend, so dass das Wasser unter den Autos durchfliesst. Um mich etwas aufzuheitern, denke ich an alles, was ich die letzte Zeit erlebt habe. Das ist so Einiges, finde ich, und gleich geht es mir besser. Wenn ich doch einfach jemanden finden würde, der mich bei sich aufnimmt. Der mich lieb hat und den ich liebhaben kann. Ich würde alles dafür tun, ein trockenes Plätzchen zu finden.
Es ist schon fast Morgen, da entdecke ich eine dunkle Gestalt in einer Nische eines Hauses sitzen, dick eingepackt, völlig reglos. Hat diese arme Person die Nacht ebenfalls draussen verbracht? Lebt er oder sie noch? Neugierig schleiche ich mich näher und erkenne einen Mann unter vielen Kleiderschichten, der aber trocken aussieht. Und definitiv lebendig. Ich will mich schon zurückziehen, da sieht er mich mit grünen, klugen Augen an. Das hätte ich nicht erwartet und springe jaulend zurück. «Du brauchst keine Angst zu haben, Kleiner. Ich tu dir nichts!» Das glaube ich und so nähere ich mich wieder. Zufrieden tätschelt der Mann meinen Kopf. «Hast du Hunger?», fragt er mich und fügt schnell hinzu: «Hier, es ist nicht viel, aber fürs Erste sollte es reichen…». Er wirft mir ein kleines Stück Fleisch zu, welches ich dankbar aus der Luft schnappe. «Warst du etwa die ganze Nacht hier draussen? Es hat doch so heftig geregnet. Hast du kein Zuhause?». Er rückt währenddessen etwas zur Seite und ich schlüpfe ebenfalls in die Nische. Natürlich erst, nachdem ich mich kräftig ausgeschüttelt hatte. Glücklich über diese Begegnung und erschöpft nach dieser anstrengenden Nacht schlafe ich ein.
Immer noch müde wache ich auf. Der freundliche Mann ist verschwunden. Schade, ich hätte ihm gerne meine Dankbarkeit gezeigt. Ich strecke mich, gähne ausgiebig, springe auf und schüttle mich. Zufrieden merke ich, dass ich komplett trocken bin. Voller Tatendrang verlasse ich die Nische… und stolpere dabei beinahe über den Mann, den ich zuvor bereits vermisst habe. Er hat sich an die Sonne gesetzt und lächelt mich an. «Hast du gut geschlafen?», fragt er mich und tätschelt meinen Kopf, als ich mich neben ihn setze. Er holt aus seiner Tasche erneut ein kleines Stück Fleisch und gibt es mir. «Ich würde mich sehr über deine Gesellschaft freuen», meint er, «wenn du möchtest, darfst du gerne bei mir bleiben. Bald werde ich in der Stadt eine Arbeit suchen, so kann ich auch für dich sorgen. Aber du musst wissen, ich fühle mich hier sehr wohl und möchte nicht weggehen.»
Einen kurzen Moment denke ich darüber nach. Kann ich hier glücklich werden? Wird er wirklich für mich sorgen, oder sind es nur leere Worte? Da kommt mir eine Idee. Ich springe auf, lasse einen ziemlich enttäuschten Mann zurück, und laufe so schnell ich kann die Strasse zurück. Konzentriert präge ich mir den Weg ein und versuche mich an Dingen zu orientieren, die ich kenne. Da entdecke ich ihn! Heute ist er ziemlich früh dran. Freudig belle ich meinen Freund, den Hot-Dog Verkäufer, an. Ebenfalls erfreut lacht er und wirft mir ein Wienerli entgegen. Dankbar eile ich zurück und nach einer Weile finde ich den Mann wieder. Vorsichtig platziere ich das Würstchen vor seinen Füssen, und überrascht sieht er mich an. Lächelnd halbiert er es, wirft mir die eine Hälfte zu und hebt die andere zum Himmel: «Auf uns!»
<strong>Ende!</strong>
In Kürze regnet es in Strömen und ich werde klitschnass. Verloren stehe ich da und weiss nicht, was ich machen soll. Ich beginne alles anzuzweifeln. Werde ich überhaupt irgendwann ein Zuhause finden? Wird mich überhaupt irgendwann jemand liebhaben? Oder werde ich immer nur verstossen werden? Ich fühle mich leer und bedeutungslos. Macht das Leben überhaupt noch Sinn, wenn mich denn gar niemand liebt?
«Miau.»
Oder gibt es einfach hier vor dem Supermarkt keine netten Leute?
«Miaaau.»
Sollte ich vielleicht woanders hin gehen? An einen Ort, wo mich jemand lieben könnte?
«Miaaaaau! Du holst dir noch den Tod, wenn du noch lange da im Regen stehst», ruft mir ein unbekannter Kater zu. Erst jetzt erwache ich aus meinem Dämmerzustand und merke, wie kalt mir ist.«Komm!», ruft mir die Katze erneut zu, «Sonst erfrierst du ja noch.» Ich sehe ein, dass die Katze recht hat, und trotte ihr hinterher. «Geht das auch ein wenig schneller?», reklamiert die Katze. «Auf dich wartet vielleicht niemand, aber meine Familie macht sich bestimmt schon Sorgen um mich.» Also spute ich mich, um die Katze nicht zu verlieren.
Doch plötzlich bleibt sie abrupt stehen. «Miau!», ruft die Katze. Dieses Mal ruft sie jedoch nicht mir, sondern einem Jungen entgegen. Der Junge steht auf der anderen Strassenseite. Als er seine Katze sieht, rennt er achtlos auf die Strasse. Ein Auto, das herbei geschnellt kommt, versucht zu bremsen. Die Autoreifen quietschen. Das Auto rutscht. Bis es schliesslich kurz vor dem Stillstand den Jungen zu Boden reisst. Die Katze miaut wehleidig und rennt zum Jungen. Barmherzig leckt sie über sein Gesicht. Und ich stehe immer noch wie erstarrt da. Bin ich etwa an dem Unfall schuld?
<strong>Wie geht es weiter? Du entscheidest selbst.</strong>
[[Junge muss ins Krankenhaus|Geschichte N]]
[[Der Junge bleibt unverletzt|Geschichte O]]
Schockiert und nicht in der Lage, mich zu bewegen, beobachte ich das Geschehen. Ich merke den Regen nicht mehr. Ich sehe, wie der Mann aus dem Auto springt und zu dem Jungen stürzt, der blutend auf dem Boden liegt. Ich sehe die Katze, wie sie besorgt um den Jungen herumläuft, verzweifelt miaut und ihn immer wieder im Gesicht ableckt. Ich merke, wie leid es mir tut, und ich mir immer noch nicht sicher bin, ob ich an allem Schuld bin. Da ich keine Ahnung habe, was ich tun soll, bleibe ich an Ort und Stelle.
Der Mann telefoniert und kurz darauf ertönt von irgendwoher eine Sirene. Das blaue Licht blendet mich und ich schliesse für einen Moment die Augen. Als ich sie wieder öffne, steht ein Mann in einer leuchtenden Uniform und einem Koffer neben dem Jungen und ein weiterer, gleich gekleideter Mann kniet neben ihm. Dann geht alles sehr schnell. Sie heben den verletzten Jungen auf eine Trage und bringen ihn zum Krankenwagen. Eilig springt die Katze hinterher und platziert sich auf dem Bauch des Jungen. Durch ein böses Fauchen macht sie den Männern bewusst, dass sie sie von dort nicht wegkriegen werden, und so wird die Katze mit in den Krankenwagen verladen. Bevor die Türen zugeknallt werden, kann ich den ausdruckslosen Blick der Katze auf mir spüren. «Es tut mir leid!», belle ich ihr nach, doch sie kann mich nicht mehr hören. So belle ich immer weiter, bis meine Stimme versagt. Ich wollte das alles gar nicht!
Es regnet immer noch und mein Fell ist jetzt komplett durchnässt. Traurig und wütend, dass dem Jungen etwas so Schreckliches zugestossen war, schüttle ich mich. «Was machst du denn noch so allein da draussen?», fragt jemand plötzlich. Es ist der Autofahrer, der in den Unfall verwickelt war. Auch er ist bis auf die Haut durchnässt, doch es scheint ihn nicht zu stören. Er setzt sich neben mich auf den Randstein und schaut sein Auto an. «Dass man so leicht so viel kaputt machen kann… Nur weil ich eine Sekunde nicht aufgepasst habe…». Der Mann stützt seinen Kopf in seine Hände und schluchzt leise vor sich hin. Ich versuche ihn zu trösten, doch weiss nicht wirklich, wie ich das anstellen soll. Schliesslich fühle ich mich genauso wie er.
Der Mann steht auf. Er sieht mich traurig an: «Und was ist mit dir? Was machst du jetzt? Möchtest du mit mir mitkommen? Es regnet so stark. Bei mir könntest du dich ein bisschen aufwärmen.»
Ich bin mir nicht sicher, was ich tun soll. Soll ich mit ihm mitgehen? Oder doch lieber weglaufen und bei der Brücke im Süden der Stadt Schutz suchen? Oder soll ich ins Zentrum der Stadt flüchten?
<strong>Wie geht es weiter? Du entscheidest selbst.</strong>
[[Mit dem Mann mitgehen|Geschichte R]]
[[zur Brücke|Geschichte Q]]
[[ins Zentrum|Geschichte P]]
Ein junger Mann springt aufgeregt aus dem Auto und rennt zu dem Jungen. «Ist dir etwas passiert?», ruft er dem Knaben panisch zu. Ich beobachte immer noch wie versteinert, wie sich der Junge langsam aufsetzt und sich an den Kopf fasst. «Ja, es geht mir gut», antwortet er unsicher.
«Was hast du dir nur dabei gedacht!?», schreit ihn der Mann nun an, und der Junge senkt beschämt seinen Blick. «Wolltest du dir etwa den Tod holen?», auffordernd sieht er den Knaben an. «Nein, natürlich nicht, ich bin ja nicht lebensmüde…», gibt der Junge kleinlaut bei und weicht dem wütenden Blick des Mannes aus, während er langsam aufsteht. «Es tut mir sehr leid, ich wollte das alles gar nicht. Ich habe meine Katze vermisst und bin sie suchen gegangen. Als ich sie dann endlich fand, rannte ich voller Freude auf die Strasse und habe nicht mehr auf den Verkehr geachtet.» Skeptisch sieht der junge Mann ins Gesicht des Buben und meint: «Gut… Na ja, zum Glück ist nichts Schlimmes passiert. Aber versprich mir, dass du nie wieder einfach so auf die Strasse rennst.» «Ja, ich verspreche es. Es tut mir leid», stammelt der Junge eine Entschuldigung.
«Herrje, es regnet ja immer noch in Strömen. Wo wohnst du denn? Steig ein, ich fahre dich nach Hause», sagt der junge Lenker und sieht den Jungen fragend an. «In der Siebenbachstrasse 28. Vielen Dank, dieses Angebot nehme ich gerne an», willigt der Knabe ein. Schnell hebt er seine Katze auf seinen Arm. «Miau!», ruft die Katze mir zu und fordert mich auf, mit ihnen zu kommen. Überrascht, dass die Katze nicht wütend auf mich ist, trotte ich ihr entgegen. «Ist das etwa dein Freund?», fragt der Junge neugierig und betrachtet mich. «Möchtest du mit zu uns nach Hause kommen? Dann kannst du dich trocknen. Und wenn meine Eltern nichts dagegen haben, kannst du vielleicht sogar für immer bei uns bleiben. Ich wollte schon immer einen Hund!». Ich lasse mir die Möglichkeit einen Moment durch den Kopf gehen und belle den Jungen danach zustimmend an. Juhui, ich habe ein Zuhause gefunden!
<strong>Ende!</strong>
Immer noch unsicher sehe ich ihn an. Er ist freundlich, doch kann ich ihm vertrauen? Er scheint ziemlich aufgewühlt zu sein, und trotz des Regens kann ich eine kleine Träne sehen, die über seine Wange läuft. Er kehrt mir seinen Rücken zu und geht mit schweren Schritten zum Auto zurück.
Ich kann ihn nicht einfach so gehen lassen. Vielleicht tut er sich noch etwas an, so durcheinander wie er ist. Schnell laufe ich ihm hinterher, jeder Schritt fühlt sich anstrengend an. Und das nicht nur, weil mein Fell sich vollgesogen hat. Der Mann öffnet langsam die Tür und ich springe hinein, über den Fahrer- auf den Beifahrersitz. Es tut mir leid, dass durch mein Fell sein Sitz schmutzig wird, doch als er sich ohne mit der Wimper zu zucken ebenfalls ins Auto setzt, bin ich etwas erleichtert. Es scheint keine Rolle mehr zu spielen.
Es regnet nicht mehr stark und an einigen Stellen des Himmels drücken einige Sonnenstrahlen durch die Wolken. Eine blendet uns ganz kurz und das bisschen Wärme hilft mir, mich etwas besser zu fühlen. Es hilft auch dem Mann, und entschlossen startet er den Motor. Wir fahren nicht weit, und schon fährt er in eine kleine Einfahrt. Diese führt zu einem grossen, weissen Garagentor, welches sich automatisch öffnet. Erstaunt belle ich. Die ganze linke Wand ist voll mit Surfbrettern, alle schön säuberlich aufgehängt. An der Wand gerade aus hängt ein riesiges Bild einer Welle, es fühlt sich an, als würde man direkt ins Meer fahren. Kurz vor der Wand stoppt der Mann das Auto und steigt aus. Er wartet und so verlasse ich den Wagen, wie ich hineingesprungen war. Aus dem Kofferraum holt er zwei grosse Taschen und steuert zu einer Tür. Währenddessen schliesst sich das Garagentor wieder. Begeistert laufe ich ihm hinterher, doch ich bin zu langsam.
Der junge Mann hat die Tür vor meiner Nase zugeknallt und lässt mich allein in der nun dunklen Garage. In mir kommt Angst auf. Hätte ich ihm doch nicht vertrauen sollen? Unschlüssig, was ich tun soll, laufe ich in der Garage hin und her. Wenn ich all meine Kraft zusammennehme und gegen die Tür renne, geht sie vielleicht auf? Oder hilft es, wenn ich laut belle? Ich beschliesse mich für die weniger schmerzvolle Variante.
«Hör doch auf! Deine Gebelle tut einem ja in den Ohren weh!» ruft der junge Mann. Er ist zurückgekehrt. Darüber freue ich mich sehr, vor allem, als ich das Tuch in seiner Hand sehe. «Ich kann dich nicht so nass ins Haus nehmen, komm her, ich trockne dich zuerst.» Erleichtert gehe ich zu ihm hin und geniesse die inbegriffene Streicheleinheit.
«Wo hast du denn diesen süssen, aber total dreckigen Hund her?» fragt plötzlich eine ziemlich hohe Frauenstimme. «Ich kann es dir erklären», meint der Mann und nimmt eine Pfote von mir auf seine Hand. «Mir ist etwas Schlimmes passiert. Genaueres erzähle ich dir aber drin», erklärt er und fährt fort: «und dort habe ich auch diesen Streuner gefunden. Er war ganz allein und total durchnässt, so habe ich ihn mitgenommen. Jeder hat ein Recht auf ein Zuhause.» «Woher weisst du, dass es ein Streuner ist?» fragt die Frau skeptisch. «Ich weiss es eben. Er sass schon oft allein und verloren vor dem Supermarkt.» Wir gehen ins Haus. Durch einen kleinen Gang erreichen wir das Wohnzimmer, daneben ist gleich die Küche und ein grosser Esstisch. Es ist schön eingerichtet. Überall stehen Blumen und Pflanzen und es hängen viele Bilder vom Meer an den Wänden.
Die beiden setzen sich aufs Sofa und ich mache es mir daneben bequem. Lange und ausführlich erzählen sie sich ihre Erlebnisse des Tages und schon bald schildert der Mann den Unfall. Erschrocken nimmt ihn die junge Frau in den Arm und beruhigt ihn: «Direkt morgen früh fahren wir ins Krankenhaus und sehen nach, wie es dem Jungen geht. Wir können ihm auch etwas Schokolade mitbringen und wenn wir Glück haben, sind seine Eltern auch da. Es geht dir bestimmt besser, wenn wir mit ihnen sprechen können. Und was den Hund anbelangt: solange er anständig und freundlich ist, kann er gern bleiben.» Glücklich und zufrieden, aber auch sehr erschöpft, schlafe ich neben den beiden ein.
<atrong>Ende!</strong>Nein, ich kann nicht noch mehr Menschen zur Last fallen. So beschliesse ich, aufgrund des Hundewetters unter der Brücke Schutz zu suchen, und renne von der Strasse weg in Richtung Süden. Obwohl ich die lauten Rufe des Mannes hören kann, verlangsame ich meine Schritte nicht und presche durch die engen Gassen davon.
Bald schon kann ich die Brücke sehen, und als ich sie erreiche, versuche ich den Abhang hinunter zu steigen. Vorsichtig tapse ich voran und komme dem Flussufer immer näher. Ich kann schon den Weg sehen, den ich gehen will, um unter die Brücke zu gelangen. Ich freue mich darauf, mich unter der Brücke trocknen zu können.
Doch plötzlich trete ich mit meiner Pfote auf eine schlammige Stelle und rutsche ab. Ich versuche mich noch zu retten, doch schon lande ich im Wasser. Es ist eiskalt und ich bin noch durchnässter als zuvor. Während ich mich über meine Tollpatschigkeit nerve, versuche ich wieder Richtung Land zu paddeln. Doch die Strömung ist so stark, dass ich kaum dagegen ankomme. Verzweifelt halte ich meinen Kopf über Wasser und schnappe nach Luft. Mich reisst es viel schneller den Fluss hinunter, als es mir lieb ist. Ich habe keine Chance, dagegen anzukämpfen, und lasse mich einfach treiben, in der Hoffnung, dass die Strömung endlich nachlässt.
Völlig erschöpft spüre ich, wie ich langsamer werde. Mit meiner letzten Kraft versuche ich an Land zu paddeln, doch meine Reserven sind fast aufgebraucht. Da spüre ich endlich wieder festen Boden unter meinen Füssen. Völlig ausgelaugt und durchfroren schleppe ich mich etwas vom Ufer weg und breche zusammen.
Eine warme, flauschige Wolke umgibt mich. Ich fühle mich wohl, geborgen und sicher, jedoch auch etwas erschöpft. Langsam schlage ich meine Lider auf… Und blicke in zwei strahlend blaue, aber sehr besorgte Augen. Diese gehören einem grauhaarigen Mann, der stark nach Fisch riecht. Sein Gesicht ist in Falten gelegt und sein Blick hellt sich sofort auf, als er bemerkt, dass ich aufwache. Vorsichtig stellt er eine Schale mit Wasser vor meine Nase und tätschelt mir aufmunternd auf den Kopf, während ich gierig die Schale leere.
«Na, geht es dir schon wieder ein bisschen besser?», fragt der ältere Mann mit einer warmherzigen, rauen Stimme. Zustimmend kuschle ich meinen Kopf an sein Bein. Lachend nimmt mich dieser in den Arm. «Fühl dich wie zuhause», bietet mir der Mann an, während er aufsteht und das Wohnzimmer verlässt. Seufzend und überglücklich kuschle ich mich zurück in die warme Decke. Endlich habe ich ein Zuhause gefunden.
<strong>Ende!</strong>